Marc G.-Prozess: Sechs Jahre Haft wegen Totschlags

Im Urteil gegen Marc G. ließ das Gericht Milde walten. Er hatte seine Frau im Streit nach einer Familienfeier erwürgt.

Nettetal/Krefeld. „Wir haben es mit einem Fall zu tun, der praktisch nur Opfer kennt“, sagte Richter Herbert Luczak bei seiner Urteilsbegründung. Zu sechs Jahren Haft hatten er und seine Richter-Kollegen den 41-jährigen Marc G. aus Viersen verurteilt. Das sei, so Luczak, „die unterste Grenze dessen, was wir für vertretbar halten“. Der Angeklagte schüttelte fassungslos den Kopf. Er hatte nach einer Familienfeier in einem Mietlokal in Nettetal seine Frau erwürgt.

Das Geschehen sei „fast als Unglück anzusehen“, sagte Richter Luczak. Sabine G. habe eine schwere Kindheit gehabt, sei psychisch erkrankt gewesen. Hinzu kam die Überforderung mit der Pflege des behinderten Sohnes. „Dass ein so gewordener Mensch es seiner Umwelt nicht leicht macht, ist verständlich“, so Luczak. Rechtlich sei es aber ein Totschlag, wenn auch in einem minder schweren Fall. „Es kann niemand erwarten, dass die Kammer eine Mitleidsentscheidung fällt“, erklärte der Richter. Verteidiger Gerd Meister hatte die Auffassung vertreten, dass eine doppelte Milderung des Strafrahmens denkbar sei.

Gutachter Martin Albrecht hatte dem Angeklagten bescheinigt, dass er auch in den Untersuchungen immer wieder glaubhaft darauf hingewiesen habe, dass ihm das Sprechen schwer falle — nicht, weil er sich selbst mit seinen Aussagen belaste, sondern weil er ein schlechtes Licht auf seine Frau werfe, was er nicht wolle. G. sei ein fürsorglicher Vater, der sich sehr um seine Familie und sein schwerbehindertes Kind gekümmert habe. Er sei von Natur aus zurückhaltend, eher scheu und harmoniebedürftig, sagte Albrecht, keinesfalls sei er aggressiv. Entgegen seiner Natur sei es in dieser Nacht zu einem „aggressiven Durchbruch“ gekommen. Auch, dass sich G. nicht mehr an den eigentlichen Tatablauf erinnern könne, bezeichnete der Gutachter als glaubhaft. „Einsichtsfähigkeit und Steuerungsfähigkeit waren erheblich eingeschränkt“, so Albrecht.

Immer wieder drehte sich die Verhandlung um die Beleidigungen, die Sabine G. ihrem Mann kurz vor ihrem Tod entgegengeschleudert haben soll. Sie habe verlangt, er solle sich von seiner „Asi-Familie“ lossagen und sei „kein Mann“, wenn er nicht seine eigene kleine Familie schütze und sich zu ihr bekenne.

Vorausgegangen war ein Streit mit ihren Schwiegereltern, in dem sie auch, wie Zeugen bestätigten, eine Vase und ein Sparschwein nach ihrem Schwiegervater geworfen hatte. In dem Mietlokal hatte ihre Schwiegermutter ihren 60. Geburtstag gefeiert. Die Obduktion ergab beim 40 Jahre alten Opfer einen Alkoholwert von 1,92 Promille.

Staatsanwältin Sonja Maas hatte in ihrem Plädoyer erklärt, sie empfinde die Reue des Angeklagten als aufrichtig. Allerdings könne sie keine Gründe für eine doppelte Milderung der Strafe erkennen. Das sahen auch die Richter so.