Mathilde Biegala : Mit 84 die Queen Mum der Schausteller
Mathilde Biegala stand 40 Jahre lang zu jeder Kirmes mit ihrer Schiffsschaukel auf dem Sprödentalplatz. Samstag feierte sie Geburtstag.
Krefeld. „Ich bin ein Kafferinchen“, sagt Mathilde Biegala über sich selber. Sie blickt in fragende Gesichter und liefert gleich die Erklärung: „Mein Mann stammte aus einem ganz kleinen Ort, einem Kaff. Er war der Kaffer und ich das Kafferinchen.“ Das „Kafferinchen“ ist in Krefelder Schaustellerkreisen heute eine Institution. 40 Jahre lang stand Mathilde Biegala mit ihrer Kinderschiffsschaukel zu jeder Kirmes auf dem Sprödentalplatz. Am Samstag feierte sie dort ihren 84. Geburtstag.
Zwischen der Sprödentalkirmes im Frühjahr und der im Herbst beglückte sie an fast jedem Wochenende die Kinder. „Irgendwo war schließlich immer ein Fest“, erinnert sie sich. „Für 50 Pfennig konnten die Kinder früher so lange schaukeln, wie sie die Kraft hatten.“ Biegalas Schiffsschaukel besaß keinen Motor, allein durch Muskelkraft versetzten die Kinder die Plattform in Bewegung. „Muskelkater inklusive“, sagt die alte Dame lachend, die die Kinder immer angeschoben hat, damit die Schaukel leichter in Gang kam.
Aus gesundheitlichen Gründen hat Mathilde Biegala die Kinderschaukel vor fünf Jahren verkauft, „an einen jungen Kollegen, der als Kind schon selber darauf saß“. Sie freut sich, dass ihr altes Gefährt heute noch auf historischen Märkten aktiv ist. Mathilde Biegala ist am Samstag 84 Jahre alt geworden. Nach einer Feier ist ihr nicht zumute gewesen. „Meine Schwester ist vor drei Wochen gestorben“, erklärt sie.
Überhaupt steht die alte Dame nicht gerne im Mittelpunkt. Aber auf dem Kirmesplatz grüßen sie viele der ehemaligen Kollegen schon von Weitem. Paul Müller, Vorsitzender des niederrheinischen Schaustellervereins Krefeld, nennt sie gar respektvoll „Queen Mum der Schausteller“. Biegala hört das alles nicht gerne. Sie erzählt lieber von den Kindern aus dem Heilpädagogischen Zentrum Krefeld (HPZ). Seit 1975 lädt sie die Kinder zu sich auf die Kirmes ein. Damals wunderte sie sich, warum einige leicht behinderte Kinder nicht schaukeln durften. Ihre Eltern waren strikt dagegen. Es sei zu gefährlich. „Ich fand das nicht richtig“, erzählt sie. Kurzerhand reservierte sie die nächste Fahrt auf der Schiffsschaukel für die Kleinen. „Die hatten natürlich einen Heidenspaß.“
Paul Müller stellte damals den Kontakt zum HPZ her. Seit Mathilde Biegala keine Schaukel mehr hat, geht sie mit den Kindern gemeinsam über die Kirmes. Die dürfen jetzt überall umsonst mitfahren. „Ich habe die Kollegen gefragt und keiner hat Nein gesagt.“ Vergangenen Dienstag war Jubiläum. „Zum 60. Mal kamen die Kinder zum Kirmesrundgang“, erzählt Müller. „Ja, 84 waren es, so viele wie noch nie“, ergänzt Biegala mit einem Lächeln.