Projekt Salafisten haben Jugendliche im Visier: „Wegweiser“ gegen die Radikalisierung
Krefeld · NRW-Präventionsprogramm mit Anlaufstelle am Südwall in Krefeld.
Dass die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW Projekte ihrer rot-grünen Vorgängerin lobt, geschieht eher selten. Bei „Wegweiser“ ist es allerdings so. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat das 2014 gestartete Präventionsprogramm gegen gewaltbereiten Salafismus nicht nur fortgeführt, sondern sogar deutlich ausgebaut. Inzwischen gibt es im Land 25 Beratungsstellen. Jüngst hinzugekommen ist ein Standort am Südwall 23-25, der für Krefeld und den Kreis Kleve zuständig ist. Zum Start schaute Reul am Freitag in Krefeld vorbei.
„Der Erfolg des Projektes ist sensationell“ , so der Innenminister. Es gehe um Aufklärung statt Hass. Von mehr als 1000 intensiven Beratungen hätten 80 bis 90 Prozent einen positiven Verlauf genommen. Hauptzielgruppe seien Kinder und Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren. Gemeinsam mit den Betroffenen und ihrem sozialen Umfeld wurden unterschiedlichste Probleme bearbeitet, neue Perspektiven erschlossen. Auf diese Weise konnte bei den jungen Leuten eine Hinwendung zu extremistischen Einstellungen und Verhaltensweisen verhindert oder gestoppt werden. „Das schafft Sicherheit für uns alle“, sagte Reul.
Gewaltbereite Salafisten in den sozialen Netzwerken unterwegs
Uwe Reichel-Offermann warnte davor, den extremistischen Salafismus zu unterschätzen. „Er ist immer noch da, auch wenn derzeit andere Themen den öffentlichen Diskurs bestimmen“, meinte der Vizechef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Gewaltbereite Salafisten seien insbesondere in den sozialen Netzwerken unterwegs. Ihnen gehe es darum, junge Muslime für ihre Ideen zu begeistern. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung werde als „System der Ungläubigen“ in Verruf gebracht. Die Bedeutung von Frauen bei der Suche nach neuen Anhängern werde immer wichtiger. Der Gesamtanteil an Frauen, die das „Wegweiser“-Programm der Landesregierung bisher genutzt haben, liegt bei etwa 25 Prozent.
Die Beratung ist grundsätzlich freiwillig, vertraulich und kostenlos. Das Angebot richtet sich nicht nur an Kinder und Jugendliche, die Kontakt zu gewaltbereiten Salafisten haben und eine Radikalisierung fürchten. Auch Familienangehörige, Freunde oder Lehrer können das Gespräch suchen und konkrete Unterstützung in Anspruch nehmen.
Um eine nachhaltige Hilfestellung zu gewährleisten, ist jede „Wegweiser“-Beratungsstelle in ein örtliches Netzwerk eingebunden. Auf diese Weise können die Mitarbeiter auf das Wissen unterschiedlichster Akteure zurückgreifen. Eingebunden werden dabei Vereine, Sozialverbände, kommunale Ämter, Familienberatungsstellen, Jobcenter, Migrantenorganisationen und die Polizei. In Krefeld stehen am Südwall drei Fachkräfte zur Verfügung, die das Fachwissen über Islam und Islamismus sowie Sprachkenntnisse mitbringen. Träger der „Wegweiser“-Standorte in Krefeld und im Kreis Kleve ist der Internationale Bund, mit mehr als 14 000 Mitarbeitern einer der großen Dienstleister in der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland.
Sozialdezernent Markus Schön erinnerte daran, dass Krefeld eine historisch gewachsene Vielfalt und Toleranz aufweise. Zahlreiche Migrationsbewegungen seien prägend für den Charakter der Stadt. „Politischer und religiöser Fanatismus dürfen keine Chance erhalten, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden“, so Schön. Der Wert von Programmen wie „Wegweiser“ könne deshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dies gelte auch für das NRW-Angebot „Kurve kriegen“, an dem Krefeld ebenfalls gerne teilnehmen würde.