Nur auf dem Platz ist „Krieg“
Leicester Seit 1969 ist die englische Stadt mit Krefeld verschwistert. Feuerwehrleute treffen sich regelmäßig.
Fußball ist seit dem umstrittenen Wembley-Tor von 1966 ein ganz heikles Thema zwischen England und Deutschland. Doch für die Partnerschaft zwischen Krefeld und Leicester hat dieser Sport einen ganz besonderen Stellenwert. Seit mehr als 30 Jahren treffen sich die Feuerwehrleute beider Städte zum regelmäßigen Schlagabtausch auf dem Rasen.
Krefelds Partnerstädte (2)
"Mein guter englischer Freund Jerry Askham brachte unser Verhältnis mal treffend auf den Punkt: Wir sind Freunde fürs Leben, aber auf dem Platz ist Krieg", sagt der Feuerwehrmann Ulf Tabbert lachend. Die sportliche Bilanz spricht für Krefeld: "Meistens stand es am Ende unentschieden, doch 2009 haben wir in der Grotenburg mit 3:0 glorreich gewonnen."
Der 59-Jährige, der bereits beim ersten Spiel in Leicester Mitte der 70er Jahre dabei war, erinnert sich noch ganz genau an den Beginn dieser wunderbaren Freundschaft. "Wir hatten furchtbar hässliche bunte Trikots an und sahen einfach zum Schießen aus", sagt er. "Die Gegner waren die ersten 20 Minuten vom Lachkrampf gelähmt."
Während des Spiels fielen dann plötzlich alle Krefelder auf ein vorher vereinbartes Signal um. "Der Liga-Schiedsrichter hat ganz schön verwirrt aus der Wäsche geguckt", erinnert sich Tabbert. Sofort liefen ein Arzt und eine Krankenschwester - beide natürlich aus Krefeld - mit Sanitäterkasten und Infusionsflaschen aufs Feld. Der Inhalt: der Doppelwacholder "Uerdinger" aus der Weinbrennerei Dujardin.
"Die Schwester verabreichte jedem Spieler ein Tröpfchen und läutete damit eine Massen-Wunderheilung ein", sagt der Feuerwehrmann. "Daraufhin fielen auch alle Engländer um - sie wollten schließlich auch mal von der Medizin probieren." Das war der Moment, als in Leicester das Bild vom drögen, humorlosen Deutschen zu bröckeln begann.
Doch eine Verbindung zwischen den zwei Mannschaften gab es von Anfang an: "Feuerwehrleute auf der ganzen Welt sind Brüder im Geiste und haben somit meist keine Kontaktschwierigkeiten", erklärt Tabbert. Das Feuer sei schließlich überall gleich, deshalb seien auch die Ängste dieselben. "Das verbindet ungemein."
Überrascht hat ihn aber vor allem die Einstellung der Briten zur Uniform: Die Feuerwehrleute gehen damit auch außerhalb ihres Dienstes in die Öffentlichkeit - ob ins Café oder in die Disko. "Und ich kann kaum glauben, wie die Damenwelt darauf reagiert: Ein Feuerwehrmann muss meist kein einziges Getränk selbst bezahlen."
Tabbert ist mittlerweile schon häufig in Leicester gewesen. Und auch wenn es ihm hauptsächlich um die Begegnung mit den britischen Feuerwehrkollegen geht und nicht so sehr um Sehenswürdigkeiten, kann er die Stadt jedem wärmstens ans Herz legen: "Leicester ist eine typisch mittelenglische Stadt: Die Innenstadt wurde vom Krieg verschont, überall findet man Historie. Auch das Umland ist schön grün."
Was er aber ganz besonders zu schätzen weiß, ist der britische - oft schwarze - Humor. "Jedes unser Treffen ist durchzogen von lustigen Aktionen. Wir hauchen der Städtepartnerschaft ganz unpathetisch Leben ein."