OP abgelehnt: 79-Jähriger stirbt
Immer häufiger weigern sich Krankenhäuser, in Notfällen Patienten aufzunehmen. Am Dienstag starb ein Mann, weil die rettende Operation nicht rechtzeitig erfolgte.
Krefeld. Eigentlich war es nur ein Sturz, nach dem ein 79-Jähriger über starke Schmerzen an der Wirbelsäule klagte. Er wird in der Nacht zum Dienstag mit dem Rettungswagen ins Uerdinger St. Josefshospital gebracht. Dort wird bei einer Computertomographie erkannt, dass sich der Mann in einem lebensbedrohlichen Zustand befindet: Eine krankhafte Aussackung der Hauptschlagader im Bauch des Seniors droht zu platzen, die Mediziner sprechen hier von einem gedeckt perforierten Bauchaortenaneurysma.
Es ist klar: Jetzt zählt jede Minute. Allerdings ist ein solcher Eingriff in Uerdingen nicht möglich, Gefäßchirurgen müssen den lebensrettenden Eingriff vornehmen. In Krefeld verfügt das Helios-Klinikum über diese Spezialisten. Doch sie lehnen die Operation mit Verweis auf mangelnde Kapazitäten ab. Zwar hätte man die Operation durchführen können — aber die anschließende intensivmedizinische Behandlung sei nicht gewährleistet.
Fieberhaft wird in Uerdingen telefoniert und nach einer anderen Klinik gesucht. Ein Rettungswagen steht bereit, um sofort losfahren zu können. Schließlich findet man ein Krankenhaus in Essen. Doch da ist es zu spät: „Wir mussten den Patienten da bereits reanimieren. Leider ist er jedoch verstorben“, sagt die Sprecherin des St. Josefshospitals, Sigrid Baum. Ob ein schneller Transport in eine Spezialklinik dies hätte verhindern können, vermag sie nicht zu beurteilen.
Der Vorfall sucht von der Tragweite her sicherlich seinesgleichen. Dass insbesondere schwer verletzte oder erkrankte Patienten in Kliniken abgelehnt werden, ist allerdings kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation deutlich verschlechtert, sagt Manuel Kölker von der Stadt Krefeld: „Aus diesem Grund hat es auch schon ein Treffen des Fachbereichs Gesundheit mit den Krefelder Kliniken gegeben.“
Der Fachbereich ist die Aufsichtsbehörde über die Krefelder Krankenhäuser. Dort heißt es, dass nicht nur die hiesigen Kliniken von dieser Problematik betroffen seien: „Der Sachverhalt stellt sich so oder ähnlich in ganz NRW dar.“
Weil sich das Problem zusehends verschärft habe, müsse der Rettungsdienst darauf entsprechend reagieren, sagt Kölker: „Wird ein Intensivnotfall behandelt, wird die nächstgeeignete Klinik angefahren — egal, ob sie sich vorher beim Rettungsdienst für Aufnahmen abgemeldet hat.“ Nach der Behandlung werde der Patient dann, sofern er transportfähig ist, in ein Krankenhaus gebracht, das Kapazitäten hat.
Wäre dies in der vergangenen Woche nicht auch im Fall des 79-Jährigen möglich gewesen? Nein, heißt es vom Helios-Klinikum. „In der Nacht zum 12. März waren alle intensivmedizinischen Beatmungskapazitäten vollständig ausgelastet. Das Überleben eines gedeckt perforierten Bauchaortenaneurysmas bedingt eine optimale und vollständige Infrastruktur — angefangen vom Transport über den operativen Eingriff bis hin zum intensivmedizinischen Beatmungsmanagement. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Überlebenschance sehr gering“, sagt der ärztliche Direktor des Krefelder Klinikums, Prof. Dr. Rudolf Leuwer. Heißt im Klartext: Die Operation allein hätte nicht ausgereicht.
Für Manuel Kölker von der Stadt Krefeld ist klar: „Langfristige Lösung kann nur sein, dass die Kliniken ihre Kapazitäten erhöhen.“