Hilfsprojekt Pauline hilft Straßenkindern in La Paz

Die 19-jährige Krefelderin Pauline Diercks ging vor einigen Monaten nach Bolivien, um sich als Freiwillige in einem sozialen Projekt zu engagieren.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Schuhputzer wie in der bolivianischen Metropole La Paz. Sie gelten als drogenabhängig, kriminell und gefährlich. Bei der Arbeit vermummen sie sich, damit sie niemand erkennt. Die 19-jährige Pauline Diercks aus Krefeld hat sich aufgemacht, hinter diese Masken zu blicken. Im Rahmen ihres internationalen Jugendfreiwilligendienstes im Sozialprojekt „Hormigón Armado“ betreut sie seit einigen Monaten Straßenkinder und Schuhputzer in Bolivien.

Trotz einiger Probleme findet Pauline sich mittlerweile gut zurecht. „Die Anfangszeit war sehr schwer, hier war nichts los. Ich war außerdem frustriert, weil nie Leute kamen und ich unbedingt mit Menschen arbeiten wollte“, zieht sie eine kleine Bilanz.

Bei ihrer Ankunft in La Paz freute sie sich, bald in einem Waisenhaus zu arbeiten. Doch vor Ort sagte man ihr, dass das nicht geklappt habe und sie nun bei dem Projekt für Schuhputzer eingesetzt würde. Nach zwei Monaten wechselte die Geschäftsführung und das Programm wurde neu organisiert. Die neue Leiterin Gabriela Claros hält die Arbeit der Freiwilligen für das Herzstück des Projekts. „Für uns ist es wichtig, dass die Helfer einerseits fähig sind, sich der Dynamik anzupassen, andererseits bereit für Begegnungen mit den Schuhputzern sind. Das ist ein Lernprozess für beide Seiten“, erklärt die Projektleiterin Claros.

Die Teilnehmer sollen einen direkten Einblick in das Leben auf der Straße bekommen und können hierfür an einer von Schuhputzern geführten Stadtführung teilnehmen. Ein weiterer Aspekt ist die Veröffentlichung einer Zeitschrift, die die Schuhputzer auf der Straße verkaufen können, um sich einen kleinen zusätzlichen Lebensunterhalt zu verdienen.

„Grundsätzlich unterstützen wir Schuhputzer, Jugendliche und Straßenkinder in ihrem Alltagsleben und beschäftigen sie mit verschiedenen Aktionen, Workshops und Arbeit. Das machen wir, damit sie einerseits etwas verdienen, andererseits nicht auf die schiefe Bahn geraten“, erzählt Pauline von ihrem Engagement.

Eine ihrer Aufgaben ist die Unterstützung eines neuen Backprojekts, das Ende des vergangenen Jahres initiiert wurde. Monatlich werden bis zu 5000 Kilo Plätzchen produziert, die für die Lebensmittelpakete des landesweiten Mutterschaftszuschusses bestimmt sind. „Ich mache die Backmischungen für die Kekse, täglich um die 140 Kilogramm. Es sind große Mengen“, berichtet Pauline.

Sie habe ein gutes Verhältnis zu den Schuhputzern aufgebaut. Doch zeitweise sei sie auch einsam, erzählt die 19-Jährige. Im Projekt selbst fand sie nicht so viele Freunde. Der Kontakt bestünde vor allem mit anderen Freiwilligen aus Deutschland. Dadurch sei das Heimweh etwas geringer geworden.

Pauline Diercks, Freiwillige

„In meiner Gastfamilie ist es auch ganz anders als zu Hause. Mein Gastvater bekommt zuerst das Essen serviert, auch immer am meisten. Wir dürfen vorher nicht anfangen“, erklärt Pauline. Die Vorurteile, die in den Köpfen der Bolivianer, aber auch andernorts über die Schuhputzer bestünden, könne sie nicht bestätigen: „Ich finde, sie brauchen sich nicht dafür zu schämen, dass sie Schuhputzer sind.“

Im Großen und Ganzen sei das gesamte Projekt sehr sinnvoll und wichtig. Vor allem helfe es den Schuhputzern enorm, ihr Alltagsleben zu bewältigen. Letztendlich sei sie sehr glücklich, dass sie sich zum internationalen Freiwilligendienst entschlossen habe. Dennoch würde Pauline gerne mehr tun und den Leuten noch besser unter die Arme greifen. „Ich weiß, dass ich hier momentan nicht viel mehr machen kann als das, was ich gerade tue. Manchmal fühle ich mich schon ein wenig unterfordert, weil der Alltag recht eintönig ist. Ich wünsche mir mehr Herausforderungen“, so Pauline.

Nicht nur der Beitrag, den sie für die Gesellschaft leiste, sie für ihre persönliche Entwicklung wichtig, glaubt sie. Es sei auch eine ganz andere Erfahrung, da man auf sich alleine gestellt sei und über sich hinaus wachse. Nach ihrem Auslandsaufenthalt soll das Studienleben beginnen.

Sie weiß zwar noch nicht genau, was sie machen wird. Aber es soll in Richtung Politik, Recht und Medien gehen. Das Erste, was sie aber in Deutschland machen wolle, ist das, was sie am meisten — abgesehen von den Freunden und der Familie — in Bolivien vermisst: nämlich eine Scheibe deutsches Schwarzbrot essen. Red