Verhütung Pille danach seit einem Jahr beliebter

In den Apotheken hat sich die Nachfrage verdoppelt, seit das Medikament auch rezeptfrei erhältlich ist.

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Krefeld. Seit gut einem Jahr ist die Pille danach rezeptfrei erhältlich. Seitdem hat sich der Absatz durchschnittlich verdoppelt. Ob das daran liegt, dass Frauen die Pille eher nehmen, weil sie diese jetzt leichter bekommen oder ob es wirklich mehr Unfälle beim Sex gibt, ist nicht klar. Dieser Zusammenhang ist bisher statistisch nicht erfasst.

Ein Freifahrtsschein zum unbeschwerten Geschlechtsverkehr sollte die Pille aber nicht sein, sagt Angela Böttcher, Frauenärztin der Beratungsstelle pro familia in Krefeld. „Die Pille danach ist keineswegs eine Alternative zu Verhütungsmitteln und schon gar nicht für den regelmäßigen Gebrauch gedacht.“

Auf dem Markt sind derzeit Präparate mit zwei verschiedenen Wirkstoffen — Ulipristalacetet (UPA) und Levonorgestrel (LNG). Das erste ist das neuere Medikament und kann bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten Sex eingenommen werden, das andere bis zu drei Tage danach — so wird es beworben. An dieser Stelle gehen die allgemeinen Angaben und die Empfehlungen der Ärzte jedoch auseinander. „Bei einer Verhütungspanne sollte man so schnell wie Möglich die Pille einnehmen — am besten innerhalb von zwölf Stunden“, erklärt Böttcher. Zwei bis drei Tage entspannt zu warten, sei der falsche Ansatz.

Wieso ist das so wichtig? Um das zu verstehen, muss man erst einmal wissen, wie die „Pille danach“ wirkt. Sie verschiebt nämlich lediglich den Zeitpunkt des Eisprungs nach hinten.

Zum Vergleich: Die Anti-Baby-Pille lässt den Eisprung gar nicht erst entstehen. Ist der Eisprung einmal ausgelöst, kann ihn auch die „Pille danach“ nicht mehr aufhalten. „Die Wirksamkeit liegt bei 90 Prozent und fällt auf etwa 50 Prozent ab, wenn man zu lange wartet“, berichtet Angela Böttcher.

Noch Anfang vergangenen Jahres mussten Frauen erstmal zum Arzt gehen und sich ein Rezept für die „Pille danach“ ausstellen lassen. Inzwischen geht man einfach in die Apotheke — auch in Notfallapotheken. „Man führt dann ein vertrauliches Beratungsgespräch in der Apotheke“, erklärt Birgit Nolte, Pressesprecherin der Krefelder Apotheken. Jede Apotheke die neu gebaut wird, sei mit einen geschlossenen Beratungsraum ausgestattet, so Nolte.

„Die Nebenwirkungen sind bei beiden Wirkstoffen gering. Es kann aber zu Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen kommen. Zudem gerät der Zyklus durcheinander“, erklärt Böttcher. In jedem Fall sei es jedoch besser die „Pille danach“ zu nehmen, als einen Schwangerschaftabbruch vorzunehmen. Am allerbesten sei es jedoch, es gar nicht so weit kommen zu lassen und lieber gewissenhaft zu verhüten.

„Leider gibt es im Bereich der Verhütung immer noch viel Beratungsbedarf. Immer wieder gibt es Gerüchte und falsche Annahmen“, weiß Helga Bauer, Paar- und Sexualberaterin bei pro familia.

„Man muss mit den Freiheiten, die es hierzulande gibt, umgehen können.“ Mit der rezeptfreien Pille danach sei das Selbstbestimmungsrecht der Frau weiter vorangebracht worden.

Dabei gehört Deutschland in diesem Bereich eher zu den langsamen Kandidaten. In allen EU-Ländern — außer in Italien und Polen — ist das Medikament schon lange rezeptfrei erhältlich.