Sozialdienst katholischer Frauen Polizei ist oft überfordert

Der Sozialdienst katholischer Frauen diskutiert über Auswirkungen von Traumata in Multiproblemfamilien.

Krefeld. „Ein Auge weint, das andere Auge ist blind.“ Ein typisches Verhaltensmuster für Mütter in Multiproblemfamilien schildert die Psychologin Dr. Petra Kriependorf. „Das weinende Auge steht dafür, dass die Mütter selber traumatisiert sind“, sagt die Referentin. „Mit dem blinden Auge übersehen sie die aktuellen Traumata in ihrer Familie, denn sie können das aufgrund ihres eigenen Erbes nicht ertragen.“

Sehr anschaulich vergleicht sie die Entwicklungen in einer traumatisierten Person mit einem Druckkochtopf. Eine gewisse Zeit vermag der Deckel dem Druck standzuhalten, doch dann wird der Dichtungsring zunehmend porös: Die Vermeidung von Erinnerungen nimmt zu, und neben den psychischen Problemen häufen sich körperliche Beschwerden.

Mehr als 120 Teilnehmer fanden vor Pfingsten den Weg in den Kulturpunkt der Friedenskirche zur Fachtagung 2015 des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF). Das Thema lautete: „Wenn alle leiden . . . Auswirkungen von Traumata in Multiproblemfamilien“.

Mit Kriependorf, Mitglied der klinischen psychologischen Leitung an der Fachklinik Hochsauerland, hatte der SkF Krefeld eine Expertin für die Veranstaltung gewinnen können. Zum Publikum gehörten unter anderem Mitarbeiter aus Therapieeinrichtungen, Erzieher in Kindertagesstätten (von denen einige aufgrund des Streiks ihre Teilnahme an der Fortbildung absagen mussten) sowie Mitarbeiter aus dem klinischen Bereich.

Ulla Dietz, Vorsitzende des SkF, und die Referentin formulierten als Fazit der Veranstaltung einen starken Appell: „Wir müssen den Problemen begegnen. Diese sind keine Privatsache; hier muss die Gesellschaft, muss der Staat in die Verantwortung genommen werden!“ Diese sozialpolitische Forderung geht Richtung Berlin, da die Kommunen es nicht allein bewältigen können — schon gar nicht in Nothaushalts-Zeiten.

„Es fehlt an Therapieplätzen für traumatisierte Menschen, insbesondere für Kinder. Es fehlt an Schutzeinrichtungen, um Täterkontakte für die Opfer zu vermeiden“, sagt Kriependorf und ergänzt: „Es herrscht auch ein großer Mangel an Aufklärung und Fortbildung bei Polizei und Justiz.“

Die Psychologin weist auch darauf hin, dass Gewalt und Traumata absolut nicht nur auf eine untere Schicht zu begrenzen seien. „Der Einfluss von Sekten und organisierter Kriminalität reicht in die bürgerliche Gesellschaft hinein. Oft sind es angesehene Leute, die Gewalt subtil in ihrer eigenen Familie und ihrem Umkreis ausüben.“