Krankenkassen Präventionsgesetz: Gesundheit wird stärker gefördert
Die Umsetzung des Präventionsgesetzes ist in Krefeld noch am Anfang. Hans-Werner Stratmann von der AOK erklärt, wie Versicherte davon profitieren können.
Krefeld. Bereits im vergangenen Sommer hat der Bund ein Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention — kurz Präventionsgesetz — verabschiedet. Die gesetzlichen Krankenkassen verpflichten sich damit seit Anfang des Jahres, ihre Leistungen für Gesundheitsförderung und Prävention auf derzeit mindestens sieben Euro pro Mitglied jährlich anzuheben. In Krefeld will sich künftig eine in der Gesundheitskonferenz gegründete Arbeitsgruppe mit den komplexen Inhalten des Gesetzes beschäftigen.
Wie dessen Umsetzung aussehen kann und wie Kassenmitglieder davon profitieren sollen, erklärt Hans-Werner Stratmann, Regionaldirektor der Aok Rheinland/Hamburg für Krefeld und den Rhein-Kreis Neuss, im Gespräch mit der WZ.
Herr Stratmann, welche Ziele verfolgt das Präventionsgesetz?
Hans-Werner Stratmann: Die Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach hat erklärt, mit dem Präventionsgesetz die Gesundheitsförderung im direkten Lebensumfeld zu stärken — in der Kita, der Schule, am Arbeitsplatz und im Pflegeheim. Zudem sollen mit Hilfe des Gesetzes die Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene weiterentwickelt, der Impfschutz verbessert werden. Ziel ist es, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie entstehen.
Menschen werden heute immer älter, daneben wird das Spektrum psychischer, auch stressbedingter Erkrankungen wie Burnout breiter. Ist das der richtige Zeitpunkt für die Einführung eines solchen Gesetzes?
Stratmann: Die demografische Entwicklung mit einer anhaltend niedrigen Geburtenrate, einem erfreulichen Anstieg der Lebenserwartung und der damit verbundenen Alterung der Bevölkerung sowie der Wandel des Krankheitsspektrums hin zu chronisch-degenerativen und psychischen Erkrankungen und die veränderten Anforderungen in der Arbeitswelt erfordern eine effektivere Gesundheitsförderung und Prävention. Der Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes für die gesetzlichen Krankenkassen wurde im Jahr 2000 erstmals veröffentlicht. Das neue Gesetz hat die bestehenden Vorgaben konkretisiert, verfeinert und verbindlich festgelegt.
Wie kann die Umsetzung dieser Vorgaben aussehen?
Stratmann: Der Schwerpunkt liegt auf der Gesundheitsförderung in nicht betrieblichen Lebenswelten wie Kindertagesstätten. Die Umsetzung kann zum Beispiel über Settingprojekte erfolgen. So betreut etwa die AOK derzeit 16 Grundschulen in Krefeld über das Präventionsprojekt „Gesund macht Schule“. Auf Fortbildungen werden Lehrer geschult, wie sie Kinder auf Arztbesuche vorbereiten können. Gerade für Kinder mit Migrationshintergrund ist dies hilfreich. Arztkontakte sollen so erleichtert und nachhaltiger werden. Außerdem können Institutionen, Vereine und Privatpersonen einen Antrag auf Förderung von Projekten in Lebenswelten nach §20a SGB V durch die Krankenkassen/-verbände in NRW stellen. Es gibt Projekt zur Förderung der seelischen Gesundheit von Kindern bereits kurz nach der Geburt bis zur Begleitung von Versicherten in Pflegeheimen zum Thema Sturzprävention.
Einige gesetzliche Kassen bezuschussen Gesundheitskurse für ihre Versicherten. Ändert sich daran etwas durch das Präventionsgesetz?
Stratmann: Die individuelle Gesundheitsförderung ist Teil des Präventionsgesetzes. Häufig werden zwei Kurse pro Kalenderjahr bezuschusst.
Die gesetzlichen Krankenkassen verpflichten sich, die Prävention ab sofort mit sieben Euro jährlich pro Mitglied zu fördern. In welchem Verhältnis steht diese Summe gegenüber medizinischen Behandlungskosten von Kranken?
Stratmann: Die AOK hat in 2015 für die Gesundheit ihrer 67 400 Versicherten in Krefeld gut 200 Millionen Euro ausgegeben. Die Ausgaben für die Prävention lagen dabei bei 423 000 Euro — das sind 6,52 Euro pro Versichertem. Ab diesem Jahr kommen also noch einmal 48 Cent für jeden Versicherten dazu. Diese zusätzliche Investition in Prävention führt mittel— und langfristig zu weniger Ausgaben im Bereich der Behandlungskosten.
Abseits von Kostenfragen — wie bewerten Sie die Auswirkungen des neuen Gesetzes auf die Kassen?
Stratmann: Durch das Gesetz sind die einzelnen Krankenkassen und sonstigen Institutionen dazu verpflichtet, zusammenzuarbeiten. Präventionsprojekte können so gemeinschaftlich gefördert werden, wodurch höhere Fördersummen zustande kommen können.
Profitieren auch Menschen, die nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, von den Angeboten?
Stratmann: Auch Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, können von den Angeboten über ihre Lebenswelten profitieren. Wenn etwa Settingprojekte in Kindertagesstätten angeboten werden, nehmen grundsätzlich alle Kinder daran teil. Es wird keine Unterscheidung nach dem Versicherungsstatus gemacht. Insgesamt wird sich das Leistungsspektrum vergrößern. Besonders die Angebote in den nicht betrieblichen Lebenswelten werden ausgebaut.