Puppentheater Wolf mit Sprachfehler begeistert das Publikum

Krefeld · Das Figurentheater Marie Bretschneider aus Dresden stellt mit viel Witz und Kreativität einen kultivierten Wolf vor.

„Der kultivierte Wolf“ wurde zu den Krefelder Puppentheatertage im Theater am Marienplatz gezeigt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Mit großer Mühe schleppt Marie Bretschneider ein dickes Buch auf die Bühne des Theaters am Marienplatz (Tam). Kein Wunder, dass es so schwer erscheint. Über 17 Kilo soll es wiegen, was die Zuschauer sicherlich gerne glauben.

Doch es ist kein Buch zum Vorlesen, auch wenn der Titel „Der kultivierte Wolf“ unschwer darauf zu lesen ist. Die Seiten werden als Theaterkulissen dienen, jede Doppelseite bringt ein neues Bühnenbild.

Dabei sind Witz und Kreativität ein roter Faden, der sich durch das gesamte Spiel vor und mit diesen Kulissen zieht. Das zeigt sich gleich von Beginn an mit den ersten Erläuterungen und Einführungen in das Thema Wolf.

Die Puppenspielerin verbindet gekonnt Märchen — natürlich handelt es sich um dasjenige von Rotkäppchen und dem Wolf — mit aktuellen Bezügen. Da werden auch die anwesenden Erwachsenen unterhalten und bekommen Gelegenheit zum Lachen oder Schmunzeln über witzige Anspielungen.

Nachdem seit der Rotkäppchen-Geschichte die Wölfe ausgerottet wurden, haben Großmütter keine natürlichen Feinde mehr und sich dementsprechend sehr vermehrt.

Aber inzwischen gibt es auch wieder einige Wölfe und Bretschneider stellt die stimmliche Vielseitigkeit der Tiere vor. Aus der „Konserve“ ertönt ein Wolfsgeheul und sie lässt raten. „Das war ein russischer Wolf.“ Ein zweites Beispiel bringt ein Heulen in kleinsten Tonschritten. „Das ist ein arabischer Wolf.“

Ein eher quäkiges Heulen ertönt. Ein Raten bei den Kindern folgt, keines findet die Lösung. „Das war meine Tochter.“ Und trotz des vielen Wolfsgeheuls im düsteren Theater herrscht eine heitere Stimmung unter den Zuschauern.

Dann schlägt sie ihr Kulissenbuch auf und man sieht einen Wolf. Sie öffnet eine kleine Papierklappe über seinem Bauch und jeder kann sehen, dass der gerade einen Hasen samt seiner Möhre gefressen hat.

Doch Wölfe vertragen keine Möhren, erklärt Bretschneider und zupft an einem Papierstreifen und zieht somit die Möhre aus dem Bauch durch das Maul wieder heraus.

Kleine Stabfiguren und bewegliche Teile in der Kulisse, den Buchseiten lassen die Szenen auf witzige Weise lebendig werden. Dies sowie die Gespräche und Kommentare verstehen die Kinder sehr gut und lachen entsprechend viel.

Endlich tritt die Hauptperson auch als Tischpuppe auf. Mit seinem struppigem Fell, einem lustigen Aussehen und leichtem Sprachfehler hat er nichts Bedrohliches, sondern erobert die Herzen schnell.

Auf einem Bauernhof lernt der kleine Wolf ein Buch lesendes Schwein kennen und will auch das Lesen lernen. So geht er in die Schule, wo er die ersten Buchstaben lernt und ebenso eine Sportstunde bekommt. Die Kinder dürfen gleich mitmachen.

Den kleinen Wolf packt die große Leselust und eine kluge Kuh auf dem Bauernhof rät ihm, in eine Bibliothek zu gehen. Für die Erwachsenen kommt mal wieder eine Anspielung, dieses Mal auf den Film „Der mit dem Wolf tanzt“.

Der kleine Wolf wird nicht nur ein Literaturliebhaber mit breitem Interesse. Besonders schwärmt er für Kochbücher und seine Leidenschaft für die Bücher geht so weit, dass er Schriftsteller — natürlich ein berühmter — wird. Er hält Lesungen auf der ganzen Welt und schließlich bekommt er eine eigene Fernsehsendung.

Aus der letzten Seite des Kulissenbuchs hat Bretschneider die Fläche eines Fernsehschirms herausgeschnitten. Wie ein Profi sitzt dahinter der Wolf und verkündet stolz: „Alle nannten mich nur noch den kultivierten Wolf.“

Mit viel Vergnügen haben die Mädchen und Jungen die Geschichte verfolgt und so kann die Puppenspielerin ihre Mission als erfüllt betrachten. Bei den Kindern Lust aufs Lesen zu wecken, eine „Wissensbotschaft“ und eine „Neugierbotschaft“ zu bringen, ist für sie nicht nur am Tag des Buches, dem 23. April, eine Herzensangelegenheit.

Der kultivierte Wolf mit seinem Kulissenbuch wandert sonst auch durch Bibliotheken, um dort den Kindern Spaß am Lesen zu vermitteln.