Gericht Sechs Jahre Haft für Überfall auf Brautmodenladen

Zweite Große Strafkammer schickt Hans-Peter S. hinter Gitter. Bewährung für Ex-Freundin.

Foto: Hartmann

Krefeld. Hat der Angeklagte Hans-Peter S. Ende 2013 einen Brautmodenladen in der Innenstadt überfallen oder hat ihn seine damalige Freundin, Melissa B., die wegen Beihilfe ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, zu Unrecht belastet? Er war’s, urteilte Herbert Luczak, der Vorsitzende Richter der Zweiten Großen Strafkammer. Sechs Jahre muss der Angeklagte wegen schweren Raubs in Haft, seine Komplizin bekam zwei Jahre, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Am letzten Verhandlungstag hatte Luczak dem Antrag von S. Verteidiger entsprechend noch einmal versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Er hatte Erfolg — zumindest mit seiner Ladung: Zwei der drei Zeugen, die zuletzt nicht den Weg ins Gericht gefunden hatten, sagten aus.

Während der erste Zeuge von nichts wusste („Ich kenn’ die Frau nicht mal“), bestätigte der zweite Zeuge, der „aus Angst vor dem Angeklagten“ zur ersten Befragung nicht erschienen war, etwas gesprächiger. Er bestätigte die Aussage Bs., dass er sie bewogen habe, den Überfall auf das Brautmodengeschäft bei der Polizei anzuzeigen. Alle anderen Verbindungen zwischen dem Trio blieben am Donnerstag im Gerichtssaal unbeleuchtet. Ein Indiz für deren Potenzial: Erstmals im Verfahren wurden dem Angeklagten während der Aussage des Zeugen Handschellen angelegt.

Mit ihrem Urteil folgte die Zweite Große Strafkammer am Ende der Staatsanwältin — sechs Jahre für S. — und der Verteidigerin von Melissa B. — zwei Jahre, zur Bewährung ausgesetzt. Alle Zeugenaussagen hatten die Tatbeschreibung von B. nicht wiederlegen können, wonach sie das Brautmodengeschäft in der Innenstadt ausgekundschaftet, ihr damaliger Freund die Inhaberin und ihre Angestellte überfallen und ausgeraubt haben.

Melissa B. habe eine glaubhaft, stimmig und konstant ausgesagt und „trotz großer Angst vor dem Angeklagten“ zur Aufklärung der Tat beigetragen, die sie bedaure. Die Opfer hätten dadurch die Chance, neue Sicherheit zu gewinnen und mit der Tat abzuschließen. Alles in allem sei ein minder schwerer Fall anzunehmen sei., hatte Bs. Verteidigerin erfolgreich argumentiert.

Vergeblich hatte Ss. Verteidiger hingegen den Blick auf Ungereimtheiten in den Aussagen gelenkt, die Zweifel an der Täterschaft seines Mandanten und der Glaubwürdigkeit der Mitangeklagten schürten. So hatten die Überfallopfer den Täter beispielsweise als sehr klein beschrieben — was auf S. mit 1,75 Metern nicht zutreffe. Auch widerspreche sich B. in ihrer Aussage. Sein Plädoyer — Freispruch, oder hilfsweise die Feststellung einer minder schweren Tat, die mit einem Strafmaß von fünf Jahren angemessen geahndet werden könne — fand kein Gehör. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Hans-Peter S. Verteidiger kündigte bereits Revision an.