JAZZFESTIVAL Shooting-Star mit viel Fingerfertigkeit

Beim Festival „Jazz an einem Sommerabend“ überzeugt das Trio der Japanerin Makiko Hirabayashi am meisten.

Das Festival „Jazz an einem Sommerabend“.

Foto: Ja/Strücken, Lothar (sl48)

Krefeld. Zum bereits 34. Mal seit 1985 veranstaltete der Jazzklub Krefeld nun sein beliebtes Festival „Jazz an einem Sommerabend“ vor der malerischen Kulisse der Burg Linn. Das Wetter war gut, 750 Gäste strömten herbei, und für die schon herbstlich kühlen Stunden nach Sonnenuntergang waren die meisten mit Pullis und Decken gut gerüstet.

Das Horst Hansen Trio aus Krefeld gestaltete den Auftakt. Die Band, die eigentlich ein Quintett ist, hat in der Region schon viele Auftritte hinter sich gebracht, gerade hat sie auch wieder eine Straßenmusiktournee durchs ganze Land unternommen. „Wir waren schon als Kinder mit unseren Eltern hier auf dem Festival“, erzählte Saxophonist Lukas Weber. Deshalb freuten sich die Musiker umso mehr, nun endlich auch selbst in Linn auftreten zu können.

Die Hansens, das sind neben Weber an Alt- und Sopransaxophon Tobias Foller, E-Gitarre, Carsten Hackler, Keyboards, Lars Leibl, E-Bass und Till Menzer am Schlagzeug. Die Twentysomethings spielen selbstkomponierte Fusionstücke, die meist in Collageform daherkommen und minimalistisch gestaltete Teile aneinanderreihen.

Ein jazziges Saxophon trifft da auf eine rockige Gitarre, ostinate Grundformen werden von Hackler, Leibl und Menzer mit Verve vielfältig gestaltet. In den Soli überzeugten vor allem Weber und Menzer, aber auch Gitarrist Foller hat an Erfahrung zugelegt. Man hört der ganzen Band an, dass sie begonnen hat, sich von den eigenen formalen Vorgaben immer mehr freizuspielen. Das kam gut an.

Nach dem kompakten Fusionsound des Hansen Trios wurde es dann klanglich kammermusikalisch leicht und schwebend. Das Trio der japanischen Pianistin Makiko Hirabayashi überzeugte mit sehr eigenständigen Kompositionen aus dem Grenzbereich von Welt- und Fusionmusik.

Am Schlagzeug des Trios sitzt Marilyn Mazur. Die gebürtige Amerikanerin lebt schon lange in Skandinavien, genauer: in Dänemark. Ihr Mann, der Däne Klavs Hovmann, bedient den Kontrabass. Klavs Hovmann mit seinen tragenden Basslinien und Marilyn Mazur mit ihren fein gesponnenen Rhythmusgeflechten am durch zahlreiche Becken und Holzblöcke erweiterten Schlagzeug ergänzen sich in ihrer Band zu einer traumwandlerisch sicheren Rhythmusgruppe.

Dass sich Hirabayashi in das Zusammenspiel ihrer beiden Kollegen oftmals nur einreihte, anstatt bei den Improvisationen auch einmal das Heft an sich zu reißen, war ein kleines Manko dieses Auftritts, der gleichwohl sowohl musikalisch als auch durch die feinfühlige Interaktion den künstlerischen Höhepunkt dieses Festivals darstellte.

Die junge Polin Kinga Glyk, 21 Jahre jung, war mit ihrem Trio als Top Act des Sommerabend-Festivals verpflichtet worden. Ihre für den Jazz außergewöhnliche Popularität verdankt die E-Bassistin einem Youtube-Video.

Live bewies sie durchaus außergewöhnliche Fingerfertigkeit. Da wächst ein Talent heran. Was aber aus ihr wird, bleibt abzuwarten. Denn dazu müsste sich Glyk auch erst einmal von vielem befreien. Zum Beispiel aus dem Korsett der am Mainstream orientierten Fusionmusik ihres Trios. Der schwer groovende Irek Glyk, Kingas Vater, am Schlagzeug, und der seine Virtuosität lediglich zu viel Blendwerk nutzende Keyboarder Rafal Stepien wickeln hier das meiste einfach viel zu routiniert ab.

Dass Kinga Glyk wie ihr großes Vorbild Jaco Pastorius die sehr schnelle Bebop-Nummer „Donna Lee“ von Saxophonist Charly Parker den vier Saiten eines E-Basses entlocken kann, mag musikalisch begeistern, ist in diesem Fall allerdings auch kein Nachweis von Eigenständigkeit.

Es gab viel Applaus für alle Bands vom wohlmeinenden Publikum. Unmut kam nur auf, als sich vor allem bei Kinga Glyk zu viele Fans stehend zwischen Sitzreihen und Bühne platzierten.