Geschichte So prägte der Krieg den Verkehr in der Krefelder Innenstadt
Krefeld · Zur Geschichte der Stadtplanung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Buch und Ausstellung geplant.
„Krefeld hat Glück gehabt“, sagt Ulrike Laufer, wenn sie auf die Geschichte der Stadtplanung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückblickt: „Krefeld hatte sehr gute Stadtplaner nach dem Krieg.“ Die Essener Historikerin ist von einer Projektgruppe um die Euregio Rhein-Maas-Nord und der Stiftung Peel-Maas-Niers beauftragt worden, zu einem Stück Stadtgeschichte zu forschen. Der Titel: „75 Jahre nach Kriegsende – Schwerpunkt Stadtplanung“. Die Idee war dem Niederländer Frans Hermans, Stadtarchivar aus der Partnergemeinde Venlo, zu Jahresbeginn gekommen: „Ich habe mir die Frage gestellt: Wieso sehen Städte in der Region so aus? Was ist nach dem Zweiten Weltkrieg passiert? Was hat der Krieg damit zu tun?“ Bereits im kommenden Monat soll es erste Publikationen zu diesem Thema geben.
Die Forscher wollen dabei eine breite Bevölkerung ansprechen, kein Fachpublikum. Die Themen haben daher auch einen populären Hintergrund. So hat sich Ulrike Laufer mit dem Aspekt beschäftigt, wie die Stadtplaner mit dem Verkehr umgingen, welchen Einfluss insbesondere das Automobil in den Überlegungen hatte.
Zehn Städte sind untersucht worden. Neben Krefeld werden auch noch Mönchengladbach, Wachtendonk, Kempen, Kleve, Straelen, Geldern, Venray, Venlo und Nijmegen unter die Lupe genommen. Mit jeder Kommune hat sich je ein Historiker befasst. „Eine Ausstellung ist für die Zeit nach den Sommerferien 2020 geplant“, sagt Olaf Richter, Leiter des Stadtarchivs in Krefeld. In dem Projekt gehe es nicht unbedingt darum, die großen gemeinsamen Linien der verschiedenen Städte herauszuarbeiten: „Es gibt da große Unterschiede. Wir wollen aber den Versuch unternehmen, Vergleiche zu machen“, sagt Frans Hermans.
Die Historikerin Ulrike Laufer beginnt ihre Ausführungen im Krefelder Stadtarchiv mit den Kriegsjahren. Zum Beispiel einer Modellkarte aus dem Jahr 1940, das die geplanten Umbauten der Nationalsozialisten zeigte, mit all ihrer Brachial-Architektur. Von der damals bereits fertiggestellten Uerdinger Rheinbrücke sollte eine breite Ausfahrstraße quer durch die Stadt führen, sogar die Dionysiuskirche dafür weichen. Ein Haus der Wehrmacht im Zentrum, der Sprödentalplatz als großflächiges Aufmarschgebiet. Ein neues Rathaus. Umgesetzt wurde von den Plänen nichts. Krefeld, vor allem die nördliche Innenstadt, wurde in den Jahren bis zum Kriegsende 1945 von den Briten und Amerikanern weitgehend zerstört.
Das Auto hatte schon im Deutschen Reich unter Hitler eine große Bedeutung eingenommen. Es sollte auch in den Jahrzehnten danach die Stadtplaner zu neuen Lösungen zwingen. Das alte Gesicht der Stadt sollte im Nachkriegs-Krefeld aber erhalten bleiben, man entschied sich dagegen, alles neu aus dem Boden zu stampfen. Die durch den Krieg entstandenen Brachflächen wurden erst für Parkplätze genutzt. Die Händler wollten, dass ihre Kunden mit dem Auto bis vor die Tür fahren konnten. Für Parkhäuser war aber erst kein Platz.
Ulrike Laufer erzählt auch von den Problemen mit Immobilien bei der Umgestaltung der Innenstadt. Wie der Schwanenmarkt, von einer Investorengruppe ins Leben gerufen, bald schon nicht mehr zum Zeitgeist passte, Kritiker immer mehr Mitsprache einforderten. Oder wie die Stadt mit einer Art Flurbereinigung den Versuch unternahm, Innenstadt-Bewohner zu einem Umzug in die Vororte zu bewegen oder Geschäfte zu verlagern, um neue Ideen umsetzen zu können. Als positive Beispiele der Entwicklung in Krefeld hebt die Historikerin aber auch den Wandel von der Tapetenfabrik Heeder in ein Kulturzentrum hervor – oder die Eröffnung der neuen Synagoge.
Das Projekt sieht sie als gute Chance, den Blick der Bürger auf die Stadt zu verändern: „Man sagt immer so schnell: Das hässliche Krefeld. Es ist daher schön, wenn Schüler sehen können, wie ihre Stadt gewachsen ist. Die Konflikte kommen erst noch. Das Thema Auto bewegt heute weiter.“