Herr Renner, Ihre Leidenschaft ist das Radfahren. Sitzen Sie in Corona-Zeiten öfters im Sattel als sonst?
Stadtsiegel „33 Fahrradstraßen für Krefeld“
Krefeld · Karl-Heinz Renner wird das Stadtsiegel erhalten für sein Engagement für die Umwelt, Soziales und Gesundheit. Renner habe sich damit um das Ansehen Krefelds verdient gemacht. Diesem Antrag hat der Rat der Stadt zugestimmt, wie die Fraktions-Vorsitzenden-Konferenz entschieden hat.
Karl-Heinz Renner: Ja.
Wie kommt das?
Renner: Ich bin in Corona-Zeiten Genussradler, vorher war ich Arbeitsradler. Hintergrund ist – ich fahre mit dem Rad zum Rathaus, fahr zu Sitzungen, da bin ich unterwegs mit dem Rad. Ich mache aber mehr Arbeitstouren als Freizeittouren.
In Corona-Zeiten, in denen viele verzagen, sagen Sie, ich bin Genussradler. Wie geht das?
Renner: Ich habe rund 100 Touren geplant. Auf komoot.de sind die aufgelistet. Und die habe ich umgesetzt – 15-20 Touren ausprobiert. Empfehlen kann ich die Kempener Radrunde am Hülser Bruch vorbei nach St. Hubert, dann Richtung Kempen. Eine so phantastische Runde. Man sagt sich, göttlich, warum fährt man die nicht öfters. So grün, Niederrhein pur, direkt vor der Haustüre.
Ihnen wird das Stadtsiegel verliehen – auch für ihren Einsatz als Fahrrad-Enthusiast. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Renner: Sie bedeutet mir sehr viel, weil ich mich dafür eingesetzt habe, dass andere das Stadtsiegel bekommen.
Wer zum Beispiel?
Renner: Robert Wesche von der Quelle der Hoffnung, der sich für Alkoholabhängige eingesetzt hat, über Jahrzehnte weg, der leider im letzten Jahr verstorben ist. Dieser Mann war so engagiert, der brannte für seine Sache, andere davon zu überzeugen, dass sie sich vom Alkohol lösen, sich helfen lassen oder bei der Gruppe bleiben. Denn Alkoholabhängige brauchen immer Unterstützung. Ich war ja Politiker. Die machen den Job, das ist ehrenwert, aber deshalb muss ich nicht unbedingt ausgezeichnet werden. Das gehört dann zu meinem Job. Jetzt bin ich nicht mehr Politiker, deshalb sehe ich das ein bisschen gelassener. Wir haben viele Bürger in Krefeld auch in der Verwaltung, die im Ruhestand sich sehr stark engagieren nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben.
Sie waren Radler des Jahres 2011 in Krefeld, das sind jetzt fast zehn Jahre her. Wie steht es um Krefelds Radfahrnetz?
Renner: Positiv und negativ. Positiv ist die Promenade. Das ist ein Quantensprung für Krefeld. Wir werden jetzt im Mai ein kurzes Stück eröffnen. OB Meyer war hier im ADFC-Laden in diesem Jahr mit seinem Dezernenten Beyer. Der letzte Oberbürgermeister, der uns besucht hat, war Willi Wahl vor ungefähr 30 Jahren. OB Meyer hat auch eine Innenstadt-Tour gemacht und sich die Schlaglöcher angeschaut. Wir haben also Hoffnung. Negativ ist, dass es immer wieder zu Rückschlägen kommt, z.B. bei der Promenade. Die muss nach vorne gehen, und dabei hätte man auch was für die Autos justieren können. Aber wenn man schon gleich am Anfang sagt, die Autos müssen weiter rollen, dann kommt man mit der Promenade auch nicht vorwärts.
Sie vermissen ein eindeutiges Bekenntnis der Stadt und in der Stadt zum Rad?
Renner: Das ist gut auf den Punkt gebracht – vor allem von der Verwaltung.
Sie sind in Bremen geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen, am Niederrhein sesshaft geworden. Was hat Sie hier festgehalten, fasziniert?
Renner: Meine Frau, immer noch – nach 30 Jahren Ehe. Anfangs war ich ein bisschen schockiert, als ich nach Krefeld kam, ich bin als Lehrer hierhin versetzt worden, weil Krefeld noch Werbung machte in Merian-Heften mit seinem Industriestandort. Ich habe mich schnell an Krefeld gewöhnt und liebe Krefeld, weil man phantastisch Fahrrad fahren kann. Man hat ein Freizeitangebot von Zoo bis Egelsberg, Elfrather See oder Hülser Bruch. Oder unsere ganzen Parkanlagen der alten Seidenbarone sind so toll für einen kleinen Spaziergang.
2023 feiert Krefeld sein großes Jubiläum: 650 Jahre Stadtrechte. Was sind Ihre Wünsche?
Renner: Mein Wunsch ist ganz klar – 33 Fahrradstraßen für Krefeld.
Warum 33?
Renner: Weil das eine realistische Zahl ist, wenn man erst bei elf steht.
Was ist in Ihrem Verständnis eine Fahrradstraße?
Renner: In der haben Fahrradfahrer Vorrechte, und Autofahrer sind als Gast zugelassen. Sie sollten auf beiden Seiten nicht beparkt sein. Das halte ich allerdings für unrealistisch. Aber auf einer Seite nur beparkt, das wäre mein Wunsch, dann wäre alles sicherer.
Wenn Sie Ihr Auge übers Stadtgebiet schweifen lassen, wo sind denn diese elf Fahrradstraßen vorwiegend?
Renner: In der Innenstadt – etwa Petersstraße, Mariannenstraße. Sie sollten möglichst in Nähe von Schulen sein, um den Bereich abzusichern. Und natürlich Hüls. Dort ist die Hochburg der Fahrradstraßen und der geöffneten Einbahnstraßen. Da hat man mal auf einen Schlag fast im ganzen Ort die Einbahnstraßen geöffnet. Zudem sollten Fahrradachsen, die wir in Krefeld haben, durch Fahrradstraßen sichtbarer gemacht werden. Wenn Sie von der Innenstadt nach Linn fahren – das ist eine Fahrradachse, die existiert. Wenn Sie nach Fischeln fahren, gibt es eine Achse, nach Hüls gibt es auch eine. Dafür ist mal die Inrather Straße gemacht worden, die ist dann aber so in Vergessenheit geraten, dass man jetzt wieder darüber nachdenkt, sie als Fahrradachse zu aktivieren.
Sie fotografieren gerne. Was begeistert Sie daran?
Renner: Ich habe als Abiturient mit 19 Jahren schon fotografiert. Für mich ist Fotografieren eine Liebeserklärung an die Welt. Diese Sichtweise habe ich heute noch.