Agnes Drossard ist mit ihren Püppchen mittendrin im Martinszug
Mehr als 150 selbst gebastelte Püppchen aus buntem Filz ziehen im November über den Couch-Tisch von Agnes Drossard. Die 78-Jährige liebt ihre Handarbeiten.
Krefeld. Das Jahr über schlummern sie ruhig in einem großen Pappkarton unten im Kleiderschrank. Doch in der Woche vor St. Martin nehmen sie Aufstellung - auf dem Couch-Tisch von Agnes Drossard. Mit einer Laterne aus glänzendem Staniol-Papier in den kleinen Händen ziehen die Püppchen aus Pfeifenputzer und buntem Filz zwei Wochen lang durch das Wohnzimmer der 78-Jährigen. 60 an der Zahl. "Gebastelt habe ich aber bestimmt schon mehr als 150, die meisten davon verschenkt."
"Die Oma hat hier einen ganzen Zirkus, sagen meine Enkelkinder immer." Eine Puppe trägt ein rotes Jäckchen, die nächste einen lilafarbenen Poncho, wieder eine andere Krawatte und Anzug oder einen Schal. Das Kunsthaar hat sie mal zu kleinen Zöpfen geflochten, mal kurz geschnitten oder kraus um den Kopf gelegt.
Die kugeligen Gesichter aus Styropor oder Holz hat sie im Bastelladen gekauft und alle selbst bemalt. "Die Ideen kommen mir immer während der Arbeit. Gucken Sie mal, den beiden Trompetern habe ich ein Instrument aus Dübeln und goldenem Geschenkpapier gebaut", sagt Drossard. "Und diesen beiden habe ich ein Schild in die Hand gegeben mit Schule 36/37 darauf. Das war meine alte Schule an der Girmesdyk."
Handarbeit habe sie damals jedoch noch wenig interessiert, sagt die kaufmännische Angestellte. Grundlegend geändert hat sich das erst mit der Geburt ihrer drei Kinder Rolf, Ulrike und Thomas. "Da habe ich angefangen, kleine Strümpfe zu stricken", erinnert sich Agnes Drossard. Dekorative Handarbeiten hat sie durch Schwester Gertrudis von der Liebfrauenkirche entdeckt. "Wir haben immer für Weihnachten gemeinsam gebastelt, mit Perlen und Sternen."
Seit 54 Jahren lebt die gebürtige Linnerin an der Hülser Straße. Sie ist fest in der Pfarrgemeinde St. Anna verwurzelt und Gründungsmitglied des Seniorenclubs. Sie arbeitet in der Essensausgabe für Bedürftige mit, hilft in der Krankenpflege aus und ist eine begnadete Päckchen-Packerin: "Ich kann kunstvolle Fächer und große Schleifen. Das mache ich furchtbar gern."
Wahre Leidenschaft hat die Seniorin aber fürs Angeln. "Mit meinen früheren Nachbarn bin ich dafür sogar schon sieben Mal nach Irland geflogen. 52 Forellen und einen Barsch haben wir mal an einem Tag herausgezogen. Die Fische nehme ich alle selbst aus." Den Angelschein hat sie mit 52 Jahren gemacht, kurz nach dem frühen Tod ihres Mannes. "Auch meine Eltern sind früh gestorben, beide in einer Nacht. Das war nicht immer einfach mit drei kleinen Kindern."
"Aber Probleme sind dazu da, sie auszurotten", sagt Agnes Drossard bestimmt. "Noch ein Tässchen Kaffee?", fragt sie lächelnd. Das Thema ist für sie damit erledigt. Jammern kommt für die vom Leben schwer geprüfte nicht in Frage. Geduld ist eine ihrer Stärken
"Im Übrigen auch eine wichtige Eigenschaft fürs diese Fummelarbeit", bemerkt sie knapp mit einem Blick auf ihre Heerschar an kleinen Figuren. Noch ein paar Tage werden sie ihr Gesellschaft leisten. Dann geht es für sie zurück in den Karton. Und die Weihnachtsengel lösen St.Martin und sein Gefolge ab.