Schicksbaum: Vorfreude aufs neue Zuhause
Montag wird der Grundstein für das anfangs heftig umstrittene Heim für psychisch kranke Menschen gelegt.
Krefeld. Die Bagger haben ganze Arbeit geleistet, das große Loch in der Mitte des Grundstücks am Schirkeshof ist verfüllt, die Bodenplatte gegossen. Am Montag kommender Woche kann die Grundsteinlegung für das neue Zuhause von 16 Menschen mit einer psychischen Behinderung stattfinden. Die künftigen Bewohner sind aufgeregt. Der Umzug ist für sie eine große Sache.
Der Träger des neuen Wohnheims - die Behindertenhilfe an den St. Augustinus-Kliniken - hat eigens einen Bus gechartert, mit dem in sechs Tagen gemeinsam zum Festakt gefahren wird. Mit dabei: Barbara Becker, die seit ein paar Jahren in Haus Monika nahe der Klinik Königshof wohnt. "Ich freue mich schon darauf, bald in einem gemütlicheren Haus mit weniger Leuten zu wohnen", sagt Becker zur Veränderung ihres Lebensumfeldes.
Denn genau darum geht es: "Wir wollen kleinere Wohnbereiche schaffen, die individuelleres Wohnen möglich machen als es in dem kliniknahen riesigen Haus heute der Fall ist", sagt Wilfried Gaul, Leiter der Behindertenhilfe an den St. Augustinus-Kliniken. Auch das "abgespeckte" Wohnhaus Monika soll dementsprechend umgebaut werden - "in intimere Appartments, wobei gleichzeitig sechs bis acht neue Plätze entstehen werden".
Die Nachfrage ist gegeben. "Die Zahl der Menschen mit Hilfebedarf wächst - um zwei bis drei Prozent im vergangenen Jahr", weiß Stefan Lua, Leiter des Wohnverbundes Königshof. Das meiste werde durch ambulante Betreuungsmöglichkeiten aufgefangen. "Doch wir sind schon wieder auf der Suche nach einem neuen Grundstück in Krefeld", berichtet Gaul. Möglichst zentrumsnah sollte es liegen, zumindest aber in einem infrastrukturell erschlossenen und nachbarschaftlich angebundenen Bereich. Schließlich sollen die Heimbewohner beschützt, aber unter möglichst normalen Bedingungen ins Leben zurückfinden.
"Es sollte sinnvollerweise ein Ort sein, an dem auch andere Menschen wohnen. Uns wurde dagegen schon oft ein Grundstück in einem Gewerbegebiet vor der Stadt angeboten", sagt Gaul. Mit dem steigenden Bedarf an Wohnangeboten für Menschen mit psychischer Behinderung wächst das gesellschaftliche Verständnis offenbar nicht mit. "Die ausgeprägte Ablehnung, mit der wir es früher zu tun hatten, ist heute einer oberflächlichen Akzeptanz gewichen." Man sei noch weit entfernt vom gesellschaftlichen Wunschzustand.
Das hat auch die anfangs heftige Ablehnung gegenüber dem Wohnprojekt in Schicksbaum gezeigt. Gaul und Lua staunten nicht schlecht, als ihnen bei einer Info-Veranstaltung im Stadtteil gehörige Wut der Anwohner entgegen schlug. Statt ihre Pläne vorzustellen, mussten sie lautstarke Beschimpfungen einstecken. Die unsachliche Diskussion zeigte vor allem die große Verunsicherung einiger Bürger im Umgang mit dem Thema.
"Viele haben Angst, weil sie keine Menschen mit Behinderung kennen", weiß Barbara Becker. "Dabei sind wir doch alle Menschen", sagt sie und hofft auf gute nachbarschaftliche Beziehungen. Die gesammelten Wünsche und Hoffnungen der künftigen Bewohner werden am Montag in einer Schatulle eingeschlossen und mitsamt Grundstein eingemauert, berichtet Wilfried Gaul, der oft gefragt worden ist, warum er so offensiv mit dem Thema Wohnheim an die Öffentlichkeit gegangen ist.
"Das ist eine schwierige Frage: Wenn wir informieren, wird uns unterstellt, dass wir sicher gute Gründe hätten, etwas zu erklären. Wenn wir nicht informieren, heißt es, wir wollten etwas vertuschen", sagt Gaul. Durch lokale Teilhabe-Projekte wie der Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde soll die Befürchtung zertstreut werden, "die Bewohner könnten vom Stadtteil Besitz ergreifen und Probleme machen. Das ist absolut unbegründet. Unsere Bewohner brauchen eher ein wenig Rückenwind".