Archäologie 3000 Jahre alte Hügelgräber in Uerdingen entdeckt
Krefeld · Archäologen graben am Bremtper Hof – und machen dabei interessante Funde. Die Spuren reichen in die Zeit von 700 bis 450 vor Christus zurück.
. Schicht für Schicht entlocken Archäologen der Rheinstadt Uerdingen die Geheimnisse ihrer Geschichte. Die Spuren, die sie unter dem Brempter Hof aufspüren, reichen bis in die Zeit 700 vor Christus zurück, also in die Eisenzeit.
Grabungen hatten im vergangenen Jahr begonnen
Im vergangenen Jahr hatten die Grabungen unter der mittelalterlichen Hofanlage im Herzen der Innenstadt begonnen. Kurz vor Weihnachten sorgte eine glasierte Fliese mit der Abbildung eines Tannenbaums überregional für Schlagzeilen. Doch auch Funde aus römischer Zeit und aus dem Mittelalter wurden gemacht.
Nun also führen Spuren 3000 Jahre zurück in die frühe Siedlungsgeschichte entlang des Rheins. Schon in Gellep waren Hügelgräber entdeckt worden – und nun mitten in Uerdingen.
„Hier hat es ein kleines Gräberfeld gegeben. Die Urnengräber wurden jedoch bereits im Mittelalter beschädigt. Aber wir haben Reste der Urnen und des Leichenbrands gefunden“, sagt der Stadtarchäologe Hans Peter Schletter. Er datiert die Funde in eine Zeit von 700 bis 450 Jahre vor Christus. Die Menschen sahen damals das einzelne Grab und den umgebenden Hügel als Wohnstätte ihrer toten Ahnen an. „Mit dem Bezug auf ihre Vorfahren begründeten die dort siedelnden Menschen einen Anspruch auf das Land. Somit können wir indirekt eine Besiedlung des heutigen Uerdinger Gebietes nachweisen“, erklärt Schletter. Die aus Einzelhöfen bestehenden kleinen Siedlungen wurden oft nur wenige Jahren genutzt. Diese Siedler wanderten dann nicht ab, sondern errichteten häufig in der Nähe ein neues Wohngebäude mit kleinem Wirtschaftshof.
Wegen einer umfangreichen Sanierungs- und Baumaßnahme der Hofanlage an der Alten Krefelder Straße, bei der auch eine Tiefgarage entsteht, ist die archäologische Untersuchung unter der Leitung der Unteren Denkmalbehörde notwendig geworden. Die schriftlichen Dokumente und Urkunden über die einstige kurkölnische Stadt seien alle ausgewertet. „Die letzten Quellen über Uerdingen liegen jetzt im Boden“, betont der Stadtarchäologe.
Ein Zeitfenster in die
Gründungsphase geöffnet
Zum ersten Mal wird nun im Stadtkern ein Zeitfenster in die Gründungsphase der Rheinstadt im 13. Jahrhundert geöffnet. In dieser Zeit wurde Alt-Uerdingen – auf einer Rheininsel gelegen – zwischen 1278 und 1284 durch diverse Hochwasser zerstört. Der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg (1275-1297) ließ das heutige Uerdingen in seiner Amtszeit vom Ufer ab und landeinwärts an die heutige Stelle verlegen. „Der Brempter Hof gehört wahrscheinlich zu den frühesten Bebauungen im neuen Uerdingen“, sagt Schletter.
Diese Vermutung kann Grabungsleiter Dr. Christian Schumacher von einer Fachfirma aus Moers durch neue Funde weiter bestätigen. Aus der ersten Bauphase des Hofes im Spätmittelalter (1250 bis 1500) sind nun Fundamente des Ost- und Nordflügel entdeckt worden. „Das ist ein extrem spannender Fundort“, schwärmt Schumacher. Unterhalb des Fundamentes konnte er einen deutlich erkennbaren Graben freilegen, der kurz vor dem Bau verfüllt worden ist. „Darin haben wir auch hochmittelalterliche Keramik gefunden“, berichtet Schumacher, also den Zeitrahmen von Mitte des 11. bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts. „Die Auswertung der Grabenfunde wird uns bei der näheren Datierung auf jeden Fall helfen“, so Schletter. Bislang gingen Historiker von einem Entstehungszeitraum der Hofanlage mit dem gotischen Turm im 14./15. Jahrhundert aus.
Auch eine Latrine und ein Pferdeskelett gefunden
Aus dem Spätmittelalter stammt wohl auch eine Latrine zur Unteren Mühlengasse. „Wir haben dort allerhand Hausratsabfälle gefunden“, sagt Schumacher. Die verwendeten Bachsteinziegel sprechen auch für diesen Zeitraum. Gleiches gilt für den teilweise freigelegten Bereich des angrenzenden Nordflügels, in dem es eine gut drei Meter breite Unterbrechung gibt. „Das könnte die Zufahrt zum Innenhof gewesen sein“, erklärt der Grabungsleiter. Aus dem Zeitraum 1250 bis 1500 stammt das Fragment einer glasierten Bodenfliese. „Das ist Luxusware“, betont Schumacher. Auch dieses Teil zeige wieder einen Tannenbaum.
In unmittelbarer Nähe zum Nordflügel entdeckten die Archäologen auch das Skelett eines in der Frühen Neuzeit (1500 bis 1789) verscharrten Pferdes. „Das Tier wurde regelrecht in die Grube gefaltet“, schildert Schumacher. Vermutlich sollte es schnell „unter die Erde kommen“, weil es vielleicht durch eine Seuche verstarb.
Einen Stall haben sie noch nicht auf dem Gelände nachweisen können. Dafür entdecken die Archäologen eine ganze Reihe von kleinen und großen Flaschen. „Hier wohnten keine Kostverächter“, schmunzelt der Grabungsleiter. Die Schnaps- und Bierflaschen sowie Medizinfläschchen sind jüngeren Datums aus dem 19. und 20. Jahrhundert.