Linn rüstet sich für Wallfahrer
Ehrenamtler wollen Pilger in den Stadtteil locken und haben eine Stempelstelle im Museumscafé eingerichtet.
Krefeld. Uneingeweihte können es leicht übersehen: Das Schild mit der gelben Muschel auf blauem Grund, das Pilgern den Weg durch Linn weist. Eins dieser Schilder hängt dort, wo der Äußere Burg- und Stadtgraben auf die Rheinbabenstraße trifft. Wer ihm folgt, gelangt zum Beispiel zum Knotenpunkt nach Neuss und von dort aus irgendwann auch nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens.
Als Pilgern der Weg nach Jerusalem während der blutigen Kreuzzüge im 13. Jahrhundert zu beschwerlich wurde, habe sich Santiago de Compostela zur beliebten Alternative zum Heiligen Land gemausert, erklärt Christoph Reichmann, Leiter des Museums Burg Linn.
Denn die Strecke nach Spanien war bereits im Mittelalter gut ausgebaut und von zahlreichen Herbergen gesäumt. Dass einzelne Wallfahrer damals auch durch Linn kamen, ist wahrscheinlich. Schließlich haben sich Reisende aus allen Himmelsrichtungen auf den Weg gemacht, um in Spanien einen Blick auf das Grab des Heiligen Jakobus, einen der zwölf Jünger Jesu, zu werfen. Deshalb gebe es entlang des Rheins auch verschiedene Jakobswege, die erst nach und nach zusammentreffen.
„Natürlich handelt es sich bei dem Jakobsweg, der heute durch Linn führt, nicht um das Original“, sagt Reichmann. Vielmehr sei die Beschilderung entstanden, als die Wallfahrt in den vergangenen Jahren wieder in Mode kam. Reichmann hatte die Idee, diesen Trend für Linn zu nutzen und den Stadtteil für Pilger interessanter zu machen, Andreas Montz vom Museumscafé und der Linner Bürgerverein haben sie umgesetzt.
Denn statt ihren Beutel mit Proviant an den Wanderstock zu binden, legen viele der Pilger von heute im Museumscafé eine Rast ein. Für sie will Montz künftig ein spezielles gastronomisches Angebot bereithalten. Der Bürgerverein hat zudem vor, sich um Schlafplätze für die Wanderer kümmern. „Wir wollen Leute aus Linn ansprechen, ob sie möglicherweise Betten zur Verfügung stellen“, erklärt Hubert Jeck vom Bürgerverein. Seit wenigen Wochen können sich Wallfahrer im Museumscafé außerdem einen Stempel in ihren Pilgerpass geben lassen.
Den Stempel hat die Künstlerin Dorothee Sprothen-Scheidt entworfen. Keld Matthiesen (Bürgerverein): „Für die Gestaltung des Stempels gab es keine offiziellen Vorgaben — nur die Jakobsmuschel war Pflicht.“ Sinnvoll sei es auch, die Stempelstelle dem Landesverband Rheinland zu melden, auf die der dann wiederum auf seinen Internetseiten hinweist.
Ihre Zielgruppe schätzen die Akteure als naturverbunden und sportlich ein. Das müssen auch die Wallfahrer im Mittelalter gewesen sein. Religiöse Besinnung, eine selbst auferlegte Buße oder die Hoffnung, von einer schweren Krankheit geheilt zu werden — die Gründe, aus denen sie sich im 13. Jahrhundert zu Fuß auf den beschwerlichen Weg Richtung Santiago de Compostela machten, waren vielfältig. Und manchmal — wie heute auch — ganz banal, sagt Christoph Reichmann: „Eine Pilgerreise — das war damals für viele die einzige Möglichkeit, eine Weltreise zu unternehmen.“