Hier wird noch selbst gebacken: Pudding wie zu Omas Zeiten
In der Bäckerei Zirolies kaufen kaum Kunden aus dem Viertel ein. Dafür kommen andere von weit her.
Krefeld. Um die vierzig Jahre ist es her, dass das Vollkornbrot Einzug in die Bäckerei Zirolies gehalten hat. „Hippies“ nennt Friedhelm Zirolies die Kunden, die sich damals zusammengeschlossen hatten, um sich von seinem Vater gesundes Brot backen zu lassen. „Sie haben ihm das Grundrezept für Vollkornbrot gegeben und anfangs sogar das Korn vorbeigebracht“, erzählt Zirolies und schmunzelt. Anders als zu Vaters Zeiten gehört Vollkornbrot heute zu den Spezialitäten des Bäckers der zweiten Generation. Pro Nacht produziert er rund 20 verschiedene Sorten Brot.
Als Zirolies fünf Jahre alt war, hat sich sein Vater nach dem Umzug von Herne nach Krefeld selbstständig gemacht und auf der Südstraße seine erste Bäckerei eröffnet. Wenige Jahre später zog die Familie auf die Jägerstraße um. Vor rund 30 Jahren hat Friedhelm Zirolies den elterlichen Betrieb übernommen, in dem er einst auch gelernt hatte.
Bis heute leitet er das kleine Familienunternehmen mit Freude und denkt im Alter von 66 Jahren noch lange nicht ans Aufhören. „Die Arbeit macht mir Spaß und ich fühle mich nocht fit — warum soll ich da aufhören?“, fragt er.
Trotz der Liebe zu seiner Tätigkeit sagt er ohne Scheu: „Wenn ich das in der heutigen Zeit ehrlich sagen soll, dann ist das kein Traumberuf.“ Natürlich habe man auch früher schon mitten in der Nacht aufstehen müssen, trotzdem sei dieser Rhythmus heute deutlich schwieriger zu leben. „Früher fing eine Disco zum Beispiel um 18 Uhr an, heute geht vor 22 Uhr gar nichts. Als Bäcker muss man dann aber schon wieder ins Bett“, sagt er.
Die Zeit für Privates lässt sich Zirolies freilich nicht nehmen — auch wenn dafür häufig der Mittagsschlaf dran glauben muss. „Wenn ich mal mit meiner Frau in die Stadt oder mit Freunden ein Bier trinken will, dann mache ich das einfach.“ Nur Arbeit, schlafen, Arbeit, schlafen das sei nichts für ihn — „da würde ich bekloppt von werden!“
Am besten gefällt Zirolies an seinem Beruf, dass er mit Lebensmitteln arbeitet und sieht, wie etwas entsteht. Traurig findet er dagegen seinen Eindruck, dass viele Kunden Qualität nicht mehr zu schätzen wissen. „Viele Leute meinen heutzutage, wenn etwas warm ist, dann ist es frisch“, beschwert er sich. „Ob das dann wirklich frisch aus meinem Ofen kommt oder beim Kiosk nebenan nur aufgebacken wurde, das interessiert viele nicht.“ Aber nicht nur Kiosks und Billigbäckereien würden ihm das Leben schwermachen. „Hinzu kommt, dass man seinen Hunger heute nicht mehr nach den Öffnungszeiten von Lebensmittelläden timen muss, weil es Tag und Nacht offene Tankstellen gibt.“ Ketten wie Kamps machen Zirolies dagegen keine Sorgen, „denn die haben ja auch ihren Preis“.
Trotz allem hat die Bäckerei eine breite Stammkundschaft, die unter anderem Zirolies’ Bio-Brote und die Hefeteilchen schätze. „Die Kunden sagen immer, dass wir die besten Hefeteilchen in ganz Krefeld haben“, erzählt Annelise Zirolies (63) stolz. „Wir machen noch richtigen Pudding aus Milch. Die Müllmänner halten jedes Mal bei uns an und kaufen sich ein Teilchen, wenn sie hier vorbeikommen.“
Gemeinsam mit Tochter Anja (41) macht Annelise Zirolies den Verkauf und erzählt, dass die Stammkundschaft zum Teil von weit herkomme, um die hauseigenen Backwaren zu kaufen. „Diese Kundschaft weiß unsere Qualität zum Glück noch zu schätzen, nur die Leute im Viertel kommen nicht so richtig her“, sagt Friedhelm Zirolies bedauernd. „Dafür ist es mit den Stammkunden von außerhalb immer sehr nett“, erzählt seine Frau. „Dann wird hier beim Brötchenverkauf geschwätzt — aber über nette Sachen, nicht wie im Tante Emma Laden über das Leben von Nachbar Schmitz.“