100 Jahre Schule am Rundweg - Als Lehrer noch Sherry tranken
Die Schule am Rundweg wird 100 Jahre alt. Leiterin Monika Scheelen hat in alten Protokollen gestöbert.
Krefeld-Uerdingen. „Fräulein Flintrop versucht beim Sportamt eine Stoppuhr und ein Bandmaß zu erhalten, die für das Training in den kommenden Wochen unentbehrlich sind,“ heißt es im Protokoll einer Schulkonferenz 1953. Wenn Monika Scheelen heute durch die mit Tinte in vorbildlicher Schreibschrift verfassten Unterlagen blättert, bekommt sie glänzende Augen. „Sie erzählen die ganze Geschichte der Schule“, sagt die Leiterin der Schule am Rundweg. Und die ist lang. Denn die vergilbten Seiten, die eine kleine Ewigkeit im Keller lagen, erzählen 100 Jahre Schulgeschichte.
Die Schule am Rundweg ist aus der sogenannten Hilfsschule 61 H hervorgegangen, die 1910 gegründet wurde. 25 Kinder wurden damals in einer Klasse der Volksschule an der Körnerstraße unterrichtet. Erst 1912 wurde die Schule eigenständig und ist in ein Gebäude an der Bruchstraße gezogen. Der letzte Umzug sollte das nicht sein. Im Krieg ausgebombt ging es für mehrere Jahre an die Kurfürstenstraße, bis 1958 das heutige Schulgebäude am Rundweg eingeweiht wurde.
Geändert hat sich auch der Name. Als Hilfsschule gegründet, wurde sie 1968 eine Sonderschule, 2000 eine Förderschule und ist seit 2010 ein Kompetenzzentrum mit sonderpädagogischer Förderung. „Wir nehmen auch Schüler mit emotionalem oder sozialem Förderbedarf auf“, sagt Scheelen.
Die „Fräuleins“ im Kostümchen mit Perlenkette und die Herren im Anzug — so standen die Lehrer noch in den 1960er Jahren vor ihren Klassen. Auch das bezeugen alte Fotos. „Damals wurden noch große Betriebsausflüge gemacht“, sagt Scheelen und zeigt die archivierte Rechnung eines Schlosshotels: Fünf Eisbecher und ebenso viele Sherrys hat sich das Kollegium gegönnt.
Die Zeiten, in denen Schulleiter wie Fräulein Maria Flintrop für eine Stoppuhr zum Sportamt laufen mussten, sind ebenfalls vorbei. Heute hat Scheelen, die seit 1989 Rektorin ist, einen Sportetat von 146 Euro.
29 Schüler waren 1914 an der Schule, heute sind es 120. In erster Linie handwerkliche Kompetenzen wurden den Kindern damals beigebracht. Heute geht es auch um eine frühe Orientierung auf lebenspraktische Dinge. So haben zum Beispiel alle Klassen einen Zugang zum Schulgarten und es gibt gut ausgestattete Werkräume. „Natürlich gehen wir heute aber auch viel theoretischer vor“, sagt Scheelen. Die Kinder können an der Schule ihren Hauptschulabschluss machen.
Als Kompetenzzentrum ist die Schule mittlerweile auch für die Beratung, Diagnostik und Prävention an Regelschulen tätig. Das heißt, ein Teil des Lehrerkollegiums ist im „Außendienst“ auch an anderen Schulen unterwegs, um die dortigen Lehrer bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Seit vergangenem Jahr hat die Schule zudem einen Schulsozialarbeiter. „Für ihn wurde auf eine Lehrstelle verzichtet. Aber er hat die Möglichkeit, besser das häusliche Umfeld der Kinder zu beobachten“, sagt Scheelen.