Das Sterben der Oberstraße in Uerdingen
In der Rheinstadt schließt ein Geschäft nach dem anderen. Deshalb wird der Ruf nach einem runden Tisch laut.
Uerdingen. Immer wieder stehen Passanten kopfschüttelnd vor den verschlossenen Türen des Traditionsgeschäftes Zweirad Nibbeling in der Uerdinger Fußgängerzone. Das alteingessene Geschäft ist nur eins von vielen Ladenlokalen an der Oberstraße, das zurzeit verwaist ist.
Beim früher so beliebten Italiener "Pistoletti" verstauben seit langem Tische und Stühle. Der Backshop hat geschlossen, das Hosen-Haus direkt an der Kirche St. Peter verkündet im Schaufenster: "Wir räumen den Laden."
"Die Kaufkraft hat deutlich nachgelassen und hier wird an der Fußgängerzone ja auch nichts mehr getan." So erklärt sich Geschäftsmann Herwarth Rademacher von "Yvonne Moden" die Entwicklung. Die Oberstraße sei in den Abendstunden viel zu dunkel und müsse attraktiver werden. Das neu gestaltete Obertor biete weniger Parkplätze als früher. "Das ist für unsere Kundschaft aus Linn und Stratum sehr unangenehm."
Dieser Meinung kann sich Werner Grassen von "Bettentruhe" nur anschließen. "Sehen Sie sich doch mal die Wipptiere für die Kinder an. Seit Wochen sind die kaputt und werden nicht repariert."
"Die Oberstraße wird zum Sorgenkind", meint auch Ulrich Lohmar, Vorsitzender des neu gegründeten Uerdinger Kaufmannsbundes. Er würde gerne Kaufleute, Haus-Eigentümer, Politik und Wirtschaftsförderungsgesellschaft an einen großen Runden Tisch bekommen, um über die Oberstraße zu reden.
Auch Bernd Willigers, Vorsitzender des noch existierenden Uerdinger Werberings, kennt die Problematik der Oberstraße: "Die Mieter kommen und gehen. Die Immobilien-Besitzer sind vielfach Erben, die sich nicht wirklich für Uerdingen interessieren."
Obwohl beide Geschäftsmänner sich in dieser Einschätzung einig sind, werden sie wohl nicht gemeinsam an der Lösung des Problems arbeiten. Denn hinter Werbering und Kaufmannsbund stehen unterschiedliche Konzepte und Personen. Die Uerdinger Kaufmannschaft hat sich entzweit (die WZ berichtete).
Aber es gibt auch einige wenige Lichtblicke an der Oberstraße. Das neue Schreibwaren- und Bastelgeschäft "Farbkläx" freut sich über regen Kundenzuspruch. Serviceangebote wie das kostenlose Nutzen der Stanzmaschine für das individuelle Gestalten von Karten weisen einen neuen Weg der Kundenbindung.
Eifrig gearbeitet wird im ehemaligen "Eulentürmchen". Steine und Staub sammeln sich vor der Tür. Entstehen soll hier eine Sushi-Bar. Der Gastronom hat das ehrgeizige Ziel, noch im Dezember zu eröffnen.
Das frühere Nibbeling-Ladenlokal haben sich auch schon mehrere Geschäftsleute angesehen, haben Nachbarn beobachtet. "Aber das ist ja ein riesiges Geschäft. Wer braucht hier so viel Platz?", fragen sich Marion Siemer und Markus Hölscher.
Als Mieter einer der drei darüberliegenden Wohnungen hat das Ehepaar das Aus von Nibbeling hautnah mitbekommen. Offenbar wegen Krankheit sei das Geschäft zunächst wochenlang geschlossen gewesen. Mittlerweile sind aber auch die letzten Fahrräder raus, die dort noch eine ganze Zeit gestanden hatten. Das Gitter vor dem Eingang ist verschlossen, die Schaufenster sind verhüllt. Die Idee des Ehepaars für das langgezogene Ladenlokal: eine Passage mit vielen kleinen Geschäften.
So oder so: Die Oberstraße befindet sich im Umbruch.