Durchstich: Wie auf Eis gleitet Uerdingens Tunnel an seinen Platz
Der erste Teil des Betonwerks ist am Samstag mit beeindruckender Technik verschoben worden. Der zweite Teil soll am 13.Juni folgen.
Krefeld-Uerdingen. Zig Tonnen Beton sind am Samstag in Uerdingen wie von Geisterhand um rund zehn Meter ans Ziel geglitten. Zuständig für das Zauberstück waren Albert Mader (49) und seine Mitarbeiter von der Firma THG aus Dahlem-Baasem in der Eifel. Sie haben mit einer beeindruckenden Technik dafür gesorgt, dass die westliche Seite des künftigen Durchgangs am Uerdinger Bahnhof nun an ihrem endgültigen Standort liegt.
Den 13,48 Meter langen vorgefertigten Betontunnel haben die Männer auf stählernen Verschubbahnen in einer 105 Minuten dauernden Aktion auf flüssigem Stickstoff genau 10,18 Meter weit an sein Ziel gleiten lassen. Zuvor hatte für den Einschub des sechs Meter breiten und 2,50 Meter hohen Tunnelteils zwei Gleise und ein Teil der Bahnhofsüberdachung gekappt werden müssen. Ein Gleispaar findet sich demnächst vorübergehend auf der Langen Straße wieder, die zur Zeit nur in eine Richtung befahrbar ist.
Für den Einschub des Elements sind seitlich neben den Betonkoloss Gleitbahnen aus Stahl verlegt worden. Unter acht angegossene Konsolen, die wie Henkel am Bauteil wirken, sind Pressen angeschraubt worden, die Stickstoff aus angeschlossenen Behältern auf die Bahn drückten. Insgesamt 24 Flaschen Stickstoff standen zur Verfügung. Die Verdampfung des Stickstoffs ist ungefährlich, da er ein normales Element der Luft ist. Wie auf einer Eisschicht konnte der Tunnel so geschoben werden. Für die genaue Justierung hat eine Art Kimme-und-Korn-System gesorgt. "Wir hatten zwei Zentimeter Spielraum, aber die haben wir nicht gebraucht", erklärt Mader, der täglich aus Auw bei Prüm an der belgischen Grenze nach Uerdingen anreist.
Sofort nach der präzisen Aktion, die früher als angekündigt beendet war und deshalb nur rund zwei Dutzend Zuschauer hatte, begannen Bagger mit der Anschüttung von Erdreich auf den beiden Tunnelseiten, damit das Durchgangsgleis möglichst bald wieder darüber gebaut werden kann. Das wird nämlich gebraucht, wenn am 13. Juni das 23,68 Meter lange zweite Tunnelteil eingefahren wird, das zur Zeit links vom Eingang des Uerdinger Bahnhofs zu bewundern ist.
"Das wird etwas komplizierter", sagt Mader, "denn dann müssen wir auch die Treppenaufgänge und die Rampe berücksichtigen." Außerdem müssen dann vier Gleispaare vorübergehend ab- und anschließend wieder eingebaut werden. Bis die Auf- und Abgänge, die Tunnelverkleidung und die Eingangsbereiche fertig und für das Publikum nutzbar sind, wird es nach Angaben von Bauüberwacher Dieter Ulpkeit Frühjahr 2009 werden. Dann wird für die Uerdinger wahr, was mit dem Vertrag zum Zusammenschluss vor 80 Jahren schon vereinbart wurde - ein Durchgang zwischen Uerdingen-Mitte und dem nordwestlichen Stadtteil mit den gut 10000 Einwohnern.