Historie Uerdinger Kirmes: Ein Fest mit langer Tradition
Am Samstag startet wieder der Jahrmarkt auf dem historischen Marktplatz vor dem Rathaus. Er findet schon seit 600 Jahren statt.
Krefeld. Am Sonntag wird der Bezirksvorsteher um 12 Uhr wieder seinen Zylinder auf dem Rathausbalkon schwenken und so die Uerdinger Kirmes offiziell eröffnen. Diese beginnt aber schon am Samstag, 23. Juli, um 14 Uhr auf dem historischen Marktplatz vor dem Rathaus. Der Jahrmarkt in der Rheinstadt wird traditionell zum Namenstag des Heiligen Pantaleon veranstaltet.
Die Kirmes- oder Jahrmarkt-Tradition in Uerdingen ist fast 600 Jahre alt. Im Februar 1462 verlieh Erzbischof Dietrich von Köln den Rheinstädtern einen „neuen Jahrmarkt“, der am St. Laurentiustag (10. August) abgehalten werden sollte. In dieser Urkunde sicherte der Erzbischof allen Besuchern drei Tage vor und drei Tage nach dem Jahrmarkt sicheres Geleit zu. Dies galt nicht für Feinde des Erzstifts und Missetäter. Händler kamen fortan jedes Jahr zum 10. August in das Rheinstädtchen, um Waren anzubieten.
Zu ihnen gesellten sich am Laurentiustag Musikanten, Gaukler, Drehorgelspieler und reisende Schausteller. Das Recht, einen Jahrmarkt zu veranstalten, blieb Uerdingen erhalten. Doch nach über 300 Jahren wurde der Termin zum ersten Mal geändert. Im Jahr 1774 wurde der Markt vom Laurentiustag auf den ersten Mittwoch nach St. Katharina (25. November) verlegt. Daneben gab es noch einen weiteren Markttag am Mittwoch nach Aschermittwoch.
Im Juli kam der Markt erst in der Franzosenzeit. Am 13. April 1808 wurde aus den zwei Jahrmärkten wieder eine Veranstaltung. Seitdem feiern die Uerdinger ihre Kirmes ab dem Sonntag vor Pantaleon (27. Juli). Pantaleon ist ein christlicher Heiliger, der im Jahr 305 für seinen Glauben als Märtyrer gestorben sein soll. Früher wurde die Kirmes mit dem Zylinderschwenken des Bürgermeisters oder des Bezirksvorstehers erst nach dem sonntäglichen Gottesdienst vom Balkon des Rathauses eröffnet. Drehorgelspieler beschallten dann den Platz und das Fest begann.
In den Straßen und Gassen hingen Girlanden und zahllose blau-rote Fahnen schmückten die Häuser, deren Fenster und Wände häufig wegen der Kirmes frisch gestrichen wurden. Der Besuch auf dem Festplatz war ein gesellschaftliches Ereignis. Für den Kirmesbesuch putzten sich die Uerdinger heraus. In manchen Gesinde-Verträgen wurden sogar freie Tage für den Jahrmarkt und ein zusätzliches Kirmesgeld vereinbart. In den Familien wurde eifrig gebacken und geschmort. Es gab besonders leckeren Kirmesweck mit Rosinen, Mandeln, Citronat sowie saftigen Kirmesbraten. Abends ging es dann gemeinsam zum Tanz. Nachbarschaften feierten fröhlich miteinander und Verwandtenbesuche wurden erwartet.
Im 20. Jahrhundert etablierte sich der Brauch des arbeitsfreien Kirmesmontags. Die Verwaltungsangehörigen hatten dienstfrei und viele Industriebetriebe gaben ihren Mitarbeitern ebenfalls frei. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielten die Schausteller nicht einfach einen Stellplatz. Ab 1870 wurden die Plätze 14 Tage vor dem Start des Jahrmarktes verlost. Einzig die beiden „Pferdekarussells“ mit geschnitzten und bunt bemalten Pferdchen der Schausteller Pütz und Kronenberg bekamen immer denselben Ort zugesprochen. Statt die Fahrbetriebe durch das Drücken von starken Männern in Gang zu setzen, wurden bei den Pferdekarussells in späteren Jahren im Innenbereich echte Pferde für den Antrieb verwendet. Eine neue Technik, vor der die Kirmesbesucher zuerst etwas Angst hatten.
Mit dem Anwachsen der Uerdinger Bevölkerung wurde auch der Kirmesplatz ausgeweitet. Nördlich der Krefelder Straße kam ein zusätzlicher Platz für Buden und Karussells hinzu. Die lukrative Kirmes in der Rheinstadt bestückten die Schausteller auch mit modernen Fahrgeschäften. Der Dampfantrieb verdrängte die Pferde, und im Jahr 1920 baute ein Düsseldorfer Schausteller erstmalig eine Berg- und Talbahn in Uerdingen auf. Nachdem dieser Kirmesplatz verkauft worden war, verlagerte sich das Kirmestreiben auf den Platz Am Röttgen, seit einigen Jahren findet die Kirmes allein auf den historischen Marktplatz statt. Den Abschluss der Kirmestage bildete damals wie auch heute noch ein großes Feuerwerk. Red