Wie die Stadt mit einer Seniorin umgeht
85-Jährige beantragt Wohngeld. Unterlagen verschwinden auf dem Weg ins Rathaus.
Uerdingen. Sofia Kaumanns ist 85 Jahre alt und eine bodenständige Frau. 31 Jahre lang wohnte sie in der zweiten Etage im Haus Mündelheimer Straße 48 - ehe sie vor drei Jahren ins Parterre zog. Die gelernte Fleischereiverkäuferin - sie arbeitete vor langer Zeit in der damaligen Uerdinger Metzgerei Willigers - ist heute zu 100 Prozent behindert.
915 Euro Rente bekommt die Witwe im Monat. Eine Nachbarin brachte sie auf die Idee, Wohngeld zu beantragen. Das geschah am 22. Oktober. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die so oft apostrophierte Seniorenfreundlichkeit der Stadt nicht die Regel ist.
"Ihr Antrag...wird für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 30.September 2009 nach § 66 Abs. 1 SGB 1 abgelehnt", schrieb Sachbearbeiterin H. von der Bewilligungsbehörde für Wohngeld am Von-der-Leyen-Platz am 1.Dezember. Eine Ermessensvorschrift, bei der die Behörde abwägen kann. Ergebnis des Abwägens: Kein Wohngeld wegen "pflichtwidriger fehlender Mitwirkung".
Der Ablehnungsbescheid hat einen Nachbarn, dessen Frau sich um die schwerbehinderte Seniorin kümmert, auf die Palme gebracht. "Gegen einen solchen Bescheid kann man nur vor dem Sozialgericht klagen", schimpfte Werner Nisch. "Aber wovon soll Frau Kaumanns einen Anwalt bezahlen?"
Seine Frau hatte den einmal kopierten Antrag nebst Belegen (Konto-Auszüge etc.) im Uerdinger Rathaus abgegeben, im Glauben, dass alles komplett war. Sofia Kaumanns hörte nichts mehr von der Stadt - bis zum 4. Dezember, als die Ablehnung ins Haus flatterte.
Nun hakte Werner Nisch in der Abteilung der Stadtverwaltung nach und hörte schließlich vom Abteilungsleiter Günter Pahl, dass offenbar nicht alle Unterlagen den Weg vom Uerdinger ins Krefelder Rathaus genommen hatten. Es könne schon mal etwas verloren gehen, habe ihm der Abteilungsleiter am vergangenen Donnerstag verraten. Ein neues Schreiben werde spätestens am Donnerstag dieser Woche bei Sofia Kaumanns eintreffen.
Verschwunden ist allerdings auch das Schreiben, das die Sachbearbeiterin am 24. Oktober an die Rentnerin herausgeschickt haben will. Darin sei, so Dirk Senger vom städtischen Presseamt, der Frau eine Frist bis zum 12.November gesetzt worden, in der sie Unterlagen nachreichen sollte.
So sei, um die Höhe des Wohngeldes zu berechnen, eine Bescheinigung des Vermieters über das Baujahr des Hauses nötig. Werner Nisch vermutet, dass die Stadt schlicht Geld sparen will. 1998 gab es laut statistischem Jahrbuch 19311 Wohngeldempfänger in Krefeld, 2006 nur noch 2021. Grund: Statistische Vorgaben werden ständig geändert.