Strick-Oma übergibt 500 Euro ans Stups
Ingrid Krieger setzt mi´t der Spendenaktion für das Kinderhospiz einen Punkt hinter eine der schrägsten Geschichten des Jahres.
Oma Krieger sieht besser aus als vor ein paar Wochen. Die Farbe im Gesicht ist zurück und der Stress abgefallen. Sie lächelt. Gütig und wie immer ein wenig schüchtern. Bescheidenheit hat die 78-Jährige durch ihr Leben begleitet. Der Rummel dieses verrückten ersten Halbjahres 2018 passt so gut zu der leidenschaftlichen Bastlerin wie der Dalai Lama in den Karneval. Frau lernt nie aus. Eine Lemmy-Kilmister-Puppe hat Ingrid Krieger über Nacht zur bekanntesten Strick-Oma der Republik gemacht. Und jetzt gibt’s ein gutes und sehr sinnstiftendes Ende.
Das sitzt der Seniorin direkt gegenüber auf dem kleinen Sofa in der Bockumer Wohnung und lächelt ebenfalls. Ein wenig stolz. Berührt auf jeden Fall. Diane Kamps, die Oberin der DRK-Schwesternschaft, sagt: „Das ist ja der Wahnsinn. Damit hätte ich nie gerechnet.“ Ingrid Krieger übergibt der 38-Jährigen 500 Euro für das Kinderhospiz Stups. Eine mehr als stattliche Summe angesichts der Umstände. Am liebsten hätte Ingrid Krieger das leise getan, ohne erneutes Aufsehen. Aber sie sagt auch: „Die Öffentlichkeit hat mir geholfen, als es eng wurde. Jetzt möchte ich mich dadurch öffentlich bedanken.“ Recht so, Kriegers Geschichte dürfte ziemlich einmalig sein. Und darüber hinaus ein starker Beleg Krefelder Zusammenhalts.
Krieger ist zu einer Art Symbol für das moralische Unrecht und das faktische Markenrecht geworden. Eine Puppe bei Ebay einzustellen, die an den verstorbenen Frontmann von Motörhead erinnert, ist ein Fehler. Lemmy Kilmister, ein Kunstwerk in Strick. Ingrid Krieger bekommt die gnadenlose Abmahnpraxis einer Hamburger Anwaltskanzlei zu spüren. Die vertritt die Interessen der „Global Merchandising Services Limited“, Inhaber der Rechte am Vertrieb von Merchandising-Artikeln in Bezug auf die Marken „Motörhead“ und „Lemmy“. Sie fordert von der Frau mit der kargen Rente mehr als 2000 Euro.
Die Solidarität der Krefelder ist überwältigend. Ein Unternehmer krempelt gar die Ärmel hoch, engagiert den Krefelder Anwalt Andreas Neuber und zahlt schließlich die Kosten für einen Vergleich. Oma Krieger ist ebenfalls überwältigt, die Öffentlichkeit, der Stress, die Angst vor dem Euro-Pfund, dann die unerwartete Hilfe. Sie nimmt in kürzester Zeit vier Kilo ab und schlägt schließlich auf ihre eigene Art zurück. Sie startet eine Aktion fürs Kinderhospiz Stups, verschenkt ihre Strick-Werke gegen eine Spende. „Die Partei“, Privatpersonen, Menschen des öffentlichen Krefelder Lebens wollen helfen. Sie spenden bis zu 100 Euro für Oma Kriegers Püppchen. Chuck Berry, die Beatles, Amy Whinehouse. Donald Trump will niemand haben. Auch Angela Merkel bleibt im Regal. Immerhin 500 Euro kommen zusammen für den guten Zweck.
Oberin Diane Kamps zeigt doppelte Freude. „Ich bin erstmal froh, dass diese Sache für einen Menschen, der so tolle Dinge kreiert, ausgestanden ist. Zum anderen ist es natürlich schön, wenn unser Kinderhospiz davon profitieren kann.“ Das Stups ist voll belegt. Dort gibt es wertvolle Unterstützung für junge Menschen, die das Erwachsenenalter laut ärztlicher Diagnose nicht erreichen werden, und deren Familien. „Wir legen derzeit besonderen Wert auf Eltern- und Trauerarbeit. Dafür werden wir diese Spende einsetzen.“
In einer großen Vase stehen ebenso große, selbstgebastelte bunte Blumen. Oma Krieger bittet Diane Kamps, sie mitzunehmen. Die Oberin zögert nicht: „Eine schöne Idee, das passt in die Philosophie unseres Hauses.“
Krefeld hält zusammen.