Sport Uerdinger Cheerleader auf Erfolgskurs — Vorurteilen zum Trotz
Bei der Jubiläumsgala blicken Athleten und Unterstützer der Krefelder Dolphins auf Höhenflüge und holprige Episoden des größten Cheerleading-Vereins Deutschlands.
Krefeld. Tüll, Strass und komplizierte Frisuren soweit das Auge reicht. Der Anlass ist ja auch festlich: Die überwiegend weiblichen Cheerleader des SC Bayer 05 feierten auf der Rennbahn zusammen mit ihren Familien und Unterstützern das zehnjährige Bestehen ihres Vereins. Nur Schaufensterpuppen trugen am Samstagabend die türkisen Wettkampfoutfits, statt Pompons gab es Luftballons. „Heute haben die Cheerleader frei“, sagt Dolphin-Gründerin Kamila Blumski.
Der Rückblick zeigt: Das haben sie sich verdient. Von Anfang an pflasterten Medaillen den Weg der Krefelder Formation. Dabei war der Anfang recht bescheiden: „Es gab 2006 keinen vergleichbaren Cheerleaderverein in Krefeld“, erinnert sich Mitbegründerin Oxana Prokoptschuk. „Kami war früher meine Trainerin, und ich war sofort Feuer und Flamme bei der Idee, in Krefeld einen Verein nach amerikanischem Vorbild aufzubauen.“ Jörg Heydel vom SC Bayer gibt bereitwillig zu, die Sportart anfangs unterschätzt zu haben. Schon im zweiten Jahr nach der Gründung holten die Dolphins bei den ersten Deutschen Meisterschaften Gold nach Krefeld. „Der SC ist ein traditionsreicher Verein, aber wir brauchten frischen Wind“, sagt Jörg Heydel. Aus anfangs acht Mädchen sind heute 16 Teams und eine eigene Abteilung des SC geworden.
Mit fast 300 Mitgliedern sind die Delfine nicht nur der wachstumsstärkste Zweig ihres Sportvereins, sondern auch bundesweit der größte Cheerleading-Club. „Die Entwicklung der Dolphins lässt sich eigentlich ganz gut mit meiner jetzigen Situation vergleichen“, sagt die sichtlich schwangere Kamila Blumski. „Die Dolphins sind unser Baby: Wir haben unsere ganze Kraft und Liebe investiert, aber wir hatten keine Ahnung, wie es sich entwickeln würde.“
Die Entwicklung übertraf alle Erwartungen: Wegen des stetigen Zuwachses und den älter werdenden Dolphins der ersten Stunde, entstanden neben den Junior- auch Seniorteams, bestehende Gruppen trennten sich hierfür.
Für den jungen Cheerleadingverein bedeutete die Umstrukturierung eine große Herausforderung. „2011 war ein schwieriges Jahr für uns“, erinnert sich Blumski. „Coaches wie Athleten bewegten sich auf ungewohntem Terrain und waren überfordert.“ Verletzungen in allen Teams belasteten den Verein in dieser Phase. Doch die Dolphins erholten sich schnell und traten mit immer mehr Teams zu nationalen wie internationalen Wettbewerben an.
Heute treten zehn Cheerleaderteams des SC Bayer Uerdingen in Wettbewerben an. Um noch durchzublicken, hilft kreative Namensgebung: Little Dolphins, Luminous Dolphins und Loony Dolphins stehen regelmäßig bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Treppchen. Die Dolphin Allstars sind aktuell das erfolgreichste deutsche Senior-Allgirl-Team.
Bei den Wettbewerben zeigen die Teams Stunts und Choreografien: 150 Sekunden lang fliegen sie mit Flicflacs und Salti über die Matte, bauen sich in Sekundenschnelle zu dreistöckigen Pyramiden auf, werfen sich gegenseitig hoch in die Luft und legen nicht nur im Spagat eine unglaubliche Gelenkigkeit an den Tag. Cheerleading ist ein Leistungssport und ein gefährlicher obendrein.
Trotzdem werden Cheerleader immer wieder unterschätzt oder belächelt. „Wir jubeln nicht, wie meine Mutter anfangs dachte, im Bikini und mit Pompons irgendwelchen Jungs zu“, sagt Allstar-Cheer-leaderin und Coach Kathrin Holski. Sie nimmt die Vorurteile mit Humor: „Bei den Wettbewerben sieht man kleine Mädchen mit mehr Schminke und Glitzer im Gesicht als ein durchschnittlicher Clown, jede Strähne ist festbetoniert mit Schaumfestiger und Haarspray.“ Doch sobald die Musik losgeht, zeigt sich, was dahinter steckt. „Wir sind keine Püppchen, auf der Matte haben wir beim Wettbewerb zweieinhalb Minuten puren Überlebenskampf und sehen dabei noch gut aus. Das muss man erst mal nachmachen.“
Für diese Fähigkeiten arbeiten die Cheerleader hart. Kathrin Holzki trainiert dreimal in der Woche. Jahre abgesagter Partys und Familienfeiern liegen hinter ihr, weil sie ihre Sonntage in der Halle verbringt. Wofür bringen die jungen Athleten diese Opfer? „Wir sind nicht nur ein Team, wir sind zu Schwestern geworden. Kami und Oxi waren immer für uns da, haben uns erzogen und bei den Hausaufgaben geholfen, wir haben sie angerufen, wenn es brenzlig war.“ Kathrin Holzki muss schlucken, die angesprochenen Head-Coaches versuchen den Schaden am Make-up einzudämmen. Das sei auch der Grund für den Erfolg der Dolphins. „Es gewinnen nicht die besten und talentiertesten Athleten. Es gewinnt immer das beste Team.“