Hilfe für Afrika Krefelder Zoo: Shona-Kunst ernährt ganze Dörfer

Krefeld · Nach zwei Jahren Zwangspause wegen Corona, ist der erste afrikanische Steinbildhauer wieder für einige Wochen im Krefelder Zoo zu Gast. Das Galeristen-Ehepaar Müller-Müllinghaus fördert und unterstützt die Künstlerszene in Zimbabwe – und macht vieles möglich.

 Shona-Künstler Wimbai Ngoma aus Zimbabwe stellt derzeit im Krefelder Zoo aus und bietet bis Ende April Workshops an.

Shona-Künstler Wimbai Ngoma aus Zimbabwe stellt derzeit im Krefelder Zoo aus und bietet bis Ende April Workshops an.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wer den Krefelder Zoo in diesen Tagen besucht, sieht nicht nur die wilden Tiere, sondern auch nach zwei Jahren Pause wegen Corona wieder Bildhauer aus Zimbabwe bei der Arbeit. Schon von Ferne sind zu manchen Zeiten am Tag nachhallende Schläge auf Stein zu hören. Seit kurzem ist Wimbai Ngoma für einige Wochen an der Uerdinger Straße zu Gast, fertigt neue Steinskulpturen in Shona-Art. Diese Kunstart zählt längst zu den Highlights der internationalen Steinbildhauerszene. „Und die Künstler verkaufen sie – nicht nur zur Zierde“, sagt Gallerist und Künstlerförderer Bastian Müller-Mühlinghaus. Mit deren Erlös sichern sie den Lebensunterhalt für die Großfamilien in der Heimat bis zu einem Jahr. In Zoodirektor Wolfgang Dreßen und Bastian Müller-Mühlinghaus haben sie große Unterstützer gefunden.

Wolfgang Dreßen organisierte 2007 erste Ausstellung im Zoo

Dreßen entdeckte für sich 2005 die Shona-Art aus dem Land im südlichen Afrika. „In einem Park in Kleve war das“, erinnert er sich. Ihm kam die Idee, vor allem die Tierskulpturen (es gibt auch Darstellungen von Menschen, von Mischwesen oder abstrakte Kunstwerke) würden doch ideal in einen Zoo passen. Bereits 2007 organisierte Dreßen eine größere Ausstellung im Krefelder Zoo, ein paar Jahre später setzte er sich mit dem wohl engagiertesten Förderer der Shona-Kunst in Deutschland in Verbindung, dem Wittener Galeristen Bastian Müller von „Shona-Art“.

Gemeinsam stellten sie ab 2016 und in den Folgejahren Ausstellungen der Shona-Kunst im Zoo auf die Beine. Mit angegliedertem Verkauf der Kunstwerke, an denen die Künstler aus Zimbabwe, die für jeweils drei Monate im Gästeappartement auf dem Zoogelände leben, vor Ort arbeiten. Auch ihre Fertigkeit vermitteln sie in einzelnen Workshops. „Sie kommen somit auch als Botschafter ihrer Kunst und als Experten, die ihre Arbeit am Stein und ihre Arbeitsweise an Interessierte weitergeben“, erzählt Müller-Mühlinghaus.

Dass das in diesem Jahr überhaupt möglich ist, ist dem tatkräftigen Engagement des Wittener Galeristen und seiner Frau zu verdanken. Seit 1998 sind sie jedes Jahr mindestens ein- bis zweimal in Zimbabwe und besuchen die dortigen großen Künstlerkolonien der Shona, die da sind: Tengenenge, das Chitungwiza Art Centre, Mvurwi Art Centre und Nyanga Art Centre. Die meisten Shona leben im Staat Zimbabwe und machen 70 Prozent der Bevölkerung aus.

Im März ist die Familie mit ihrer dreieinhalb Jahre alten Tochter von einer fünfmonatigen Reise von dort zurückgekehrt. Um die Verkaufsausfälle der vergangenen zwei Jahre wegen des Ausreiseverbotes während der Pandemie für die Künstler und ihre Großfamilien aufzufangen, hatten sie vorletztes Jahr eine große Spendenaktion gestartet und fast 20 000 Euro gesammelt. „Davon konnten zwei Jahre lang die 350 Familien in den vier Künstlerkolonien regelmäßig über Lkw-Konvois mit Nahrungsmitteln versorgt werden“, erzählt der 45-jährige Betriebswirt sehr erfreut, der wegen seiner Liebe zu Afrika und der Shona-Kunst längst weit mehr ist für die Künstler als nur ein Galerist.

12 bis 24 Künstler kommen für ein halbes Jahr nach Deutschland

Rund 24 Tonnen des Serpentinsteins werden jedes Jahr über Tausende Kilometer nach Deutschland gebracht und hier von den Künstlern bearbeitet. 12 bis 24 Künstler aus Zimbabwe kommen jährlich zwischen Ostern und dem Herbst nach Deutschland, ein paar von ihnen eben auch in den Krefelder Zoo. Nach Wimbai Ngona wird Moses Dzirutwe kommen. Der Galerist organisiert das.

Wegen der Corona-Pandemie drohte das zu enden. Die Shona-Künstler können aktuell nur nach Deutschland eingeladen werden, wenn sie mit einem in Deutschland anerkannten Impfstoff geimpft sind, den es in Zimbabwe aber nicht gibt. Dort wird der chinesische Impfstoff gespritzt. Also haben Müller-Mühlinghaus und seine Frau für sieben der Künstler zweimal hintereinander eine Busreise nach Südafrika organisiert und finanziert, damit sie sich dort entsprechend impfen und in das zentrale Impfregister eintragen lassen konnten. „Das war alleine zeitlich schon sehr aufwändig, da der Bus für eine einzelne Strecke von 1000 Kilometern bis zu 30 Stunden gebraucht hat und es enorme Schlangen an der Grenze gibt, die vor kurzem erst wieder geöffnet wurde“, erzählt Müller-Mühlinghaus. 30 Stunden hin, eine Stunde dauerte die Impfung und Registrierung, dann ging es 30 Stunden wieder zurück in die Heimat. Die Künstler hätten sehr gelassen darauf reagiert; schließlich können sie mit ihrem nun hier anerkannten Impfstatus und einem Visum wieder nach Deutschland reisen. 

Gleichzeitig hat das Galeristen-Ehepaar bei seinem letzten Besuch begonnen, in Zimbabwe fünf neue fest eingerichtete Künstlerarbeitsplätze zu etablieren. Auch die von ihnen 2004 gegründete Sekundarschule in Gokwe, in der Provinz Midlands, wächst von Jahr zu Jahr. „Shona Art ist eine Herzensangelegenheit“, sagt Müller-Mühlinghaus, und die Besucher des Zoos können sich auch in Krefeld davon selbst überzeugen.