Familienfreundlichkeit Wie es Frauen gelingt, Beruf und Familie zu vereinbaren
Krefeld. · Jessica Sonnen und Cornelia Grauten sind beide berufstätig mit Kindern und Familie. Sie erzählen, warum das klappt.
Für Jessica Sonnen und Cornelia Grauten macht das Arbeiten nach der Familienpause richtig Spaß. Die Krefelderinnen haben beide jeweils zwei Kinder, einen Partner und jede Menge Organisationstalent, um Familie und Beruf tagtäglich unter einen Hut zu bringen. Zum Ende der WZ-Serie Familie und Beruf erzählen sie sehr offen und anderen Frauen Mut machend, wie das gelingen kann – ohne dass sie bei der Doppelbelastung auf der Strecke bleiben.
Das Wichtigste beim Wiedereinstieg in den Beruf sind die Kindertagesbetreuung, die Unterstützung des Partners – und eine gewisse Flexibilität des Arbeitgebers. Das betonen beide im Gespräch. „Am besten kümmert sich die Frau schon in der Schwangerschaft um eine Betreuungsmöglichkeit“, erklärt Cornelia Grauten. Sie selber hat in dieser Phase schon ihre künftige Tagesmutter angerufen, ihren Bedarf angemeldet und eine Zusage erhalten. „Ich höre öfter von Frauen, dass sie sich erst in letzter Minute um eine Betreuung kümmern und dann in Panik geraten, wenn sie keine Platz für ihr längst geborenes Kind bekommen“, erzählt Cornelia Grauten. Schon bei ihrer Tochter, die 2013 auf die Welt gekommen ist, hat sie frühzeitig eine spätere Betreuung organisiert.
Cornelia Grauten hat sich
selbstständig gemacht
Die gelernte Physiotherapeutin war vor fünf Jahren noch in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt. „Nach der Geburt habe ich gespürt, ich will nicht in diesen Job zurück“, erzählt die heute 37-Jährige. Sie wollte mit Kind und Familie flexibler sein. Bei ihrem damaligen Arbeitgeber hielt sie das nicht für möglich. Deshalb entschloss sie sich mit einer neuen Idee selbständig zu machen. „Im dem einen Jahr der Elternzeit habe ich mich entsprechend weiter gebildet.“ Als sie ihre Tochter mit elf Monaten das erste Mal in die Kinderbetreuung geben kann, startet sie durch mit Sportkursen speziell für Schwangere und Mütter. „Sport mit Kinderwagen“ nennt ihr Angebot im Stadtwald. Dort treffen sich inzwischen regelmäßig Frauen mit Kleinkindern zu Walken und speziellen Dehnübungen. Mit drei Kursen hat Cornelia Grauten angefangen. Heute sind es zwölf Kurse pro Woche.
Auch als vor mehr als zwei Jahren ihr Sohn geboren wurde, ist für sie klar: sie macht weiter. „Diesmal habe ich sofort wieder angefangen zu arbeiten.“ Die leisen Vorwürfe anderer Mütter zu ihrem „armen Kind“, das sie so früh schon abgeben würde, ärgern sie ein wenig. „Das wird als eine Art ‚Abschiebung’ bewertet, anstatt mal dorthin zu schauen, was auch bereits kleinen Kindern in der Betreuung geboten wird.“ Ihr Sohn habe die Erfahrung gemacht, „Mama kommt wieder“, und das habe seine Selbständigkeit und die Bindung zwischen ihnen beiden gestärkt.
Dass der Alltag so gut klappt, hat sie auch ihrem Mann zu verdanken. „Das geht nur mit ihm.“ Er unterstützt sie, wenn sie zwei Abende in der Woche arbeitet. Dann kümmere er sich alleine um die Kinder. „Und das macht er auch gut, nur anders“, sagt Cornelia Grauten entspannt. Als Mutter müsse man aufhören, alles perfekt machen zu wollen. Sie ist mit ihrer beruflichen und familiären Leben mehr als zufrieden.
Arbeitgeber von Jessica Sonnen hat Springerpool eingerichtet
So wie auch Jessica Sonnen. „Viele meinen, die Wohnungen oder Häuser müssen immer ordentlich und wie im Katalog sein. Genießt lieber die Zeit mit den Kindern, die ist viel zu schnell vorbei“, empfiehlt sie berufstätigen Müttern. Der Spagat zwischen Beruf und Familie sei schwierig, dennoch will auch die 28-Jährige nicht auf ihren Beruf und die eigene Selbstständigkeit verzichten. „Ich weiß, wofür ich arbeite und wir können mit der Familie im Jahr öfter gemeinsam Urlaub machen“, sagt die ausgebildete Krankenschwester.
Ihr Arbeitgeber kommt ihr dabei ebenso entgegen wie ihr Mann, ihre Eltern, Schwieger-, Großeltern und auch ihre Schwester. Ihre Tochter ist inzwischen viereinhalb, ihr Sohn zweieinhalb Jahre. „Seit anderthalb Jahren gehen sie in die gleiche Kita in Fischeln.“ Auch das ist ein Glücksfall. Bei Krankenschwestern gilt bei einer bekannt werdenden Schwangerschaft ein sofortiges Beschäftigungsverbot, wenn keine anderweitige Schreibtisch- oder Ambulanztätigkeit möglich ist. Gerade als ihr erstes Kind mit vier Monaten einen Kita-Platz bekommen hatte und sie selber einen Monat voll gearbeitet hatte, wurde sie erneut schwanger.
„Das Gute ist, dass mein Arbeitgeber Helios in der Zwischenzeit einen Springerpool entwickelt hat, für Mütter mit Wunschdienstzeiten“, erzählt Jessica Sonnen. Ohne diese Möglichkeit hätte sie nicht so weiterarbeiten können. Doch auf ihre Berufstätigkeit verzichten wollte sie ebenso wenig wie ihr Arbeitgeber auf sie. Nach einem Jahr Elternzeit ist sie mit 75 Prozent Arbeitszeit wieder in ihren alten Job eingestiegen. Als ihr Sohn nach einigen Monaten zum August einen Kita-Platz bekam, erhöhte sie sofort ihre Stundenzahl auf 80 Prozent, inzwischen ist sie bei 90 Prozent angelangt.
Um sechs Uhr morgen steht die Familie jetzt gemeinsam auf, um sieben geht die junge Mutter mit den Kindern aus dem Haus und bringt sie in den Kindergarten in der Nähe. Um 7.45 Uhr beginnt sie ihren Dienst und arbeitet bis 15 Uhr. Dann holt sie die Kinder wieder aus der Kita ab. „Danach ist Kinderbespaßung angesagt mit Reiten, Spielen, Tanzen oder Turnen“, erzählt Jessica Sonnen. Abends kocht sie für die Familie und ihr Mann kümmert sich um die Kinder, am Wochenende tun sie das gemeinsam.
„Man muss die Woche gemeinsam planen, wer, wann arbeitet und die Kinder abholt“, erzählt sie. Denn neben ihren Jobs und dem „bisschen Haushalt“ gibt es noch ein privates Leben, gemeinsam, aber auch alleine. Während ihr Mann sich bei der Freiwilligen Feuerwehr zwei Tage die Woche engagiert, ist sie als neue Vorsitzende der Karnevalsgesellschaft Utzvögel aktiv. „Und das tut neben der beruflichen Arbeit gut.“