Fachkräftemangel: Frauen als Retter in der Not

Es fehlen immer mehr Facharbeiter. Die Arbeitsagentur setzt deshalb auf die Förderung weiblicher Arbeitnehmer.

Krefeld. Die demographische Uhr tickt. In 15 Jahren werden in gravierenden Maße Arbeitskräfte fehlen. „Deutschlandweit wird sich durch die Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge die Zahl der Erwerbstätigen um 6,5 Millionen auf 38,1 Millionen verringern“, sagt Ingo Zielonkowsky.

Vor allem bei den Fachkräften erwartet der Chef der Arbeitsagentur einen deutlichen Engpass. Deshalb setzt er gerade in Krefeld auf Frauen als Retter in der Not.

„Nur gut die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Deutschland arbeitet Vollzeit, in Krefeld liegt die Zahl noch weit darunter“, erklärt Zielonkowsky. Er möchte dieses Potenzial in Krefeld nutzen und ausbauen — und setzt dazu mehrere Hebel an.

Die Betreuung ihrer Kinder und vermehrt die Pflege von Angehörigen nennt fast ein Drittel der Frauen als Hauptgrund für Teilzeitjobs. In anderen EU-Ländern wie Belgien, Finnland und Spanien führen nur zirka 20 Prozent das als Grund auf. Für Zielonkowsky setzt deshalb der erste Hebel bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an.

Hierbei seien in erster Linie die Unternehmen gefragt. „Auch kleinere Firmen sollten in ihre Arbeitskräfte ebenso investieren wie in ihre Infrastruktur.“ Wer Mitarbeiterinnen gut ausgebildet hat, sollte sie nach Erziehungs- oder Pflegeurlaub erst recht zu halten versuchen, damit ihr aufwändig erworbenes Know-How nicht für das Unternehmen wieder verloren geht.

Instrumente sind dafür beispielsweise flexible Arbeitszeiten oder Telearbeit. Auch die Einrichtung eines beruflichen Mutter-Kind-Zimmers könne eine Lösung sein, wenn eine Mitarbeiterin mal nicht wüsste, wohin mit ihrem plötzlich erkrankten oder nicht betreuten Kind.

„Die Firmen werden die Not bei der Stellenbesetzung erst zu spüren bekommen, wenn 2015/16 die Schulabgängerzahlen nach den doppelten Entlassjahrgängen einknicken“, erklärt Zielonkowsky. Doch dann sei es zu spät. Als plakatives Beispiel nennt er den Beruf der Metalldreher: „Schon heute können wir den Bedarf bei der Vermittlung nicht decken.“

Und es komme noch dicker: Von 490 Drehern in Krefeld werden in den nächsten zehn Jahren altersbedingt bis zu 150 ausscheiden. Ersatz durch männliche Arbeitskräfte sei nicht in Sicht. „Eine Riesenchance für Frauen.“

In Zeiten des technischen Fortschritts ist es für Frauen keine Schwierigkeit mehr, selbst einen 40-Tonner-Brummi durch den dichten Verkehr zu lenken. „Dennoch richten junge Frauen bei der Berufswahl ihr Augenmerk immer noch auf die Top-Ten-Liste“, sagt der Leiter der Arbeitsagentur mit Bedauern.

Wie bei den Jungen konzentrierten sich auch die Mädchen vorwiegend auf wenige Arbeitsfelder. „Dabei gibt es allein in Krefeld bis zu 250 Ausbildungsberufe“, sagt Zielonkowsky. 400 verschiedene gebe es deutschlandweit.

Aufschluss darüber geben das Lexikon der Ausbildungsberufe, das bei der Agentur für Arbeit erhältlich ist, ebenso wie die kostenlose App „Berufe-TV“ fürs I-Phone. „Es lohnt sich zukünftig also für junge Frauen ebenso wie für Firmen, bei Ausbildungs- und Stellenvergabe alte Vorurteile über Bord zu werfen.“