Krefeld Hier gibt es Bio-Fleisch aus dem Hülser Bruch

Krefeld · Stephie und Finn Bönniger haben sich mit der Eröffnung eines eigenen Bio-Ladens in Hüls einen Traum erfüllt. In dem Geschäft am Steveshof wird auch Fleisch der eigenen Rinderherde verkauft.

Finn Bönniger verkauft im eigenen Bio-Laden das Fleisch seiner Rinder, die im Hülser Bruch grasen.

Foto: Ja/Lothar Strücken

Morgens, 6.20 Uhr, in Hüls. Die Sonne bahnt sich langsam ihren Weg. Die Wiese vor dem Steveshof ist feucht. Die Nacht war kalt, der Himmel ist klar. Für Finn Bönniger ist es einer der schönsten und ruhigsten Momente des gesamten Tages. Einmal noch kurz entspannen, dann dreht der Hülser den Schlüssel seines Traktors und beginnt mit der Arbeit. Auf den Wiesen an der Krüserstraße muss der mobile Hühnerstall versetzt werden. Die 300 Tiere sind längst wach, warten aufgeregt aufs Futter, als der 29-Jährige die Hydraulik des Hühnermobils bedient und den Wagen hinter seinem Traktor rund 200 Meter weiter auf der Wiese abstellt.

Rund 280 Eier legen die Hennen der Bönnigers jeden Tag. Eingesammelt wird später. Jetzt wird erstmal der aktuelle Bestand unter die Lupe genommen.

Bio-Eier werden in einer gelben Telefonzelle verkauft

In einer gelben Telefonzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite stapeln sich die Eierkartons. Ein Flyer, mit Kreide geschriebene Angaben zum Mindesthaltbarkeitsdatum und dem Preis: 45 Cent pro Ei. Dazu eine Gelddose – mehr braucht es nicht für die in dieser Form wohl einzigartige Eier-Telefonzelle in Hüls, in der von morgens bis abends Eier gekauft werden können. „Die Telefonzelle war zuerst da“, sagt Finn Bönniger. Mit zuerst meint der 29-Jähriger, die quietschgelbe Selbstbedienungsstation sei vor dem Bio-Laden an den Start gegangen. Das Geschäft, das der Hülser zusammen mit seiner Ehefrau Stephie betreibt, feierte am 7. März Eröffnung. Auf 100 Quadratmetern bieten die Hülser die komplette Bio-Palette an, „mit besonderem Augenmerk auf unsere eigenen Produkte“.

Zwei Rinderherden der Rasse Galloway sind im Besitz der Familie Bönniger.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Allem voran Fleisch von der eigenen Rinderherde. Die Tiere der Rasse Galloway stehen auf Wiesen im Hülser Bruch und sind für die ganzjährige Freilandhaltung geeignet. Ursprünglich stammen sie aus dem Südwesten Schottlands. Zu fressen gibt es für die rund 50 Rinder ausschließlich das Gras von den rund 23 Hektar großen Wiesen im Bruch.

Die Bönningers leben den Bio-Gedanken und gehören mit ihrem Betrieb dem Biolandverband an. Bei ihren eigenen Produkten legen sie viel Wert auf hohe Qualität. Drei Wochen lang wird das Fleisch im hauseigenen Reiferaum abgehangen, bis es verkauft wird. Ist das eigene Fleisch mal aus, werden am Steveshof Tiere von anderen Biohöfen in der Umgebung verkauft. „Wir legen viel Wert auf Transparenz und achten beispielsweise auch darauf, Verpackungskostenmaterial zu reduzieren, was wir durch die Wahl unserer Lieferanten beeinflussen können.“

Die 300 Hühner am Steveshof legen pro Tag rund 280 Eier.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Für das Ehepaar ist der eigene Betrieb ein großer Glücksfall. „Wir wollen mit dem Bioladen auch ein Stück weit Vorbild sein und etwas für eine bessere Zukunft tun, in dem wir ökologisch fair produzierte und nach sozial fairen Standards hergestellte Produkte anbieten“, sagt Stephie Bönniger. Vier Festangestellte und mehrere Aushilfskräfte arbeiten in dem neuen Bioladen, der mittwochs bis samstags an der Krüserstraße geöffnet hat.

Seit 600 Jahren ist der Steveshof im Besitz der Familie Bönniger

Bis zur Eröffnung war es ein langer Weg. Der Steveshof, der bereits vor 600 Jahren in Hüls bestand und ein klassischer Bauernhof war, war schon immer im Besitz der Familie Bönniger. Auf der Rückseite der Veranstaltungshalle Kornspeicher, die von Finns Schwester Hannah und deren Mann Frank betrieben wird, befindet sich ein Innenhof, der ehemalige zentrale Punkt des landwirtschaftlichen Betriebes.

Heute reihen sich Wohnhäuser um den Hof. In einem wohnen auch die Betreiber des Bioladens, der sich heute dort befindet, wo früher die Scheune war, in der das Winterfutter für die Tiere gelagert wurde. „Vor zweieinhalb Jahren sind wir hierhin gezogen“, erzählt das Ehepaar. Die Idee, einen eigenen Bio-Hofladen aufzumachen, gab es aber schon länger. In der alten Scheune, die in den vergangenen Jahren von der Schreinerei Legno genutzt wurde, haben die Beiden aber erst noch ihre Hochzeit gefeiert, bevor es im vergangenen Jahr an die notwendigen Umbauarbeiten ging.

Anfang März ging der neue Hofladen dann an den Start. Ein absoluter Fulltime-Job für die beiden Hülser. Nicht nur irgendwelche Bio-Produkte zu verkaufen, sondern auch Verfahrensweisen und Herstellungsbedingungen der eigenen Waren genauestens zu kennen, erfordert viel Zeit und Detailwissen. „Wir kümmern uns eigentlich um alles selbst. Die Tiere, die Bestellungen, der Verkauf – bis zum nächsten Jahr ist Urlaubssperre angesagt“, lacht Finn Bönninger. Dabei gibt es längst Pläne für die Zukunft. „Wir würden die beiden Rinderherden gerne vergrößern, dafür brauchen wir aber mehr Wiesen, auf denen die Tiere stehen können.“ Auch Schweine würden die Hülser gerne halten, die Bedingungen dafür seien aber äußerst umfangreich. „Das ist auch alles Zukunftsmusik. Wir wollen jetzt mit dem Bio-Laden erst einmal Fuß fassen und hoffen, viele Menschen davon überzeugen zu können, dass Nachhaltigkeit in heutiger Zeit ein besonders wertvolles Gut ist.“