Trauer Zahl der Sozialbestattungen in Krefeld steigt - Wenn der Tod zu teuer ist

Krefeld. · Die Zahl der Sozialbestattungen in Krefeld steigt. Oft wollen auch Hinterbliebene nicht für die Kosten aufkommen.

Sozialbestattungen finden oft in Reihengrabstätten wie dieser auf dem Krefelder Hauptfriedhof statt. Diese Gräber können nicht verlängert werden.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Nicht mal der Tod ist umsonst – so platt das klingt, so wahr ist es auch. Ebenso wie die unmittelbare Folge: Sterben muss man sich leisten können. Das kann in Krefeld längst nicht mehr jeder. Die Zahl der Sozialbestattungen steigt seit Jahren. Von rund 100 im Jahr 2010 hat sie sich 2016 mit 237 Anträgen bei der Stadt mehr als verdoppelt, im vergangenen Jahr waren es 255, zählt Sozialamtsleiter Wolfram Gottschalk auf. Hinzu kamen 2018 noch 166 Bestattungen, die das Ordnungsamt übernommen hat – bei rund 2500 Beerdigungen aufs Jahr gerechnet eine nicht kleinzuredende Tendenz. Selbst wenn „nur zwei Drittel der Anträge nach Prüfung durch den Fachbereich auch bewilligt werden“, wie Gottschalk betont.

Wann bestattet das Sozial-, wann das Ordnungsamt?

Wenn Angehörige finanziell nicht in der Lage sind, die Kosten für die Bestattung ihres Ehemanns, Vaters, Bruders in voller Höhe oder anteilig zu übernehmen, kommt das Sozialamt nach Prüfung dafür auf. „Es gibt häufig nicht mehr die Bindung zu Verstorbenen. Viele Hinterbliebene denken sich vielleicht: Wenn ich keinen Kontakt zu meiner Mutter oder Schwester habe, warum soll ich mich dann um die Beerdigung kümmern – geschweige denn die Kosten dafür tragen?“, erklärt Gottschalk. Allerdings: Ehegatte oder Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern oder volljährige Enkelkinder sind nach Paragraph Acht des Bestattungsgesetzes in der Pflicht: man spricht von Bestattungspflicht.

Dann gibt es aber auch Menschen, die alleine, ohne soziale Kontakte leben und keine bestattungspflichtigen Angehörigen haben. In Fällen wie diesen kümmert sich das Ordnungsamt: „Verstorbene müssen vor dem Hintergrund der Volksgesundheit innerhalb einer Frist von zehn Tagen kremiert werden“, erklärt Frank Schlotterhose, stellvertretender Friedhofsleiter. „Bei einer Einäscherung bleiben bis zur Bestattung sechs Wochen.“ Zeit, die das Ordnungsamt nutzt, um Hinterbliebene ausfindig zu machen oder Fragen zu klären wie: Hat der Verstorbene selbst ausreichend Einkommen, aus dem die Kosten für seine Beerdigung bezahlt werden können? Wenn nicht, kommt das Ordnungsamt und damit der Steuerzahler dafür auf.

Welche Rolle spielt das Grundgesetz?

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so besagt es Artikel I des Grundgesetzes. „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“ Damit sei es die Aufgabe der Gesellschaft, „Menschen würdevoll unter die Erde zu bringen, auch wenn die finanziellen Mittel hierfür nicht da sind“, betont Sozialamtsleiter Gottschalk. Würdevoll, aber einfach seien die Sozialbestattungen: Anspruch auf Goldbeschläge gäbe es nicht, „aber auch keinen Sarg aus Pappe, sondern einen einfachen, lackierten Vollholzsarg, es gibt Sarg- oder einen Urnenträger, einen Trauerredner, wir übernehmen auch ein einfaches Grabkreuz – aber in der Regel keinen Stein“, erklärt Gottschalk. Mit 3000 bis 4000 Euro schlägt eine solche Bestattung in der Regel zu Buche.

Welche Formen der Bestattung gibt es?

Der Trend gehe in Richtung Urnenbestattung, ist die Beobachtung des stellvertretenden Friedhofsleiters. Aber auch der Wunsch nach einer anonymen Beisetzung oder Rasengrabstätte nehme zu. „Der Tod ist ein Thema, das in den meisten Familien tabuisiert wird“, sagt Frank Schlotterhose und hat eine Vermutung, warum das so ist: „Das könnte an den zwei Weltkriegen liegen, in denen Tod und Trauer allgegenwärtig waren. Davor gehörte der Tod zum Leben dazu, Beerdigungen wurden von der Nachbarschaft organisiert.“ Das sei auch der Grund, warum es den Beruf des Bestatters noch gar nicht so lange gebe. Heute verschieben sich die Lebensmittelpunkte auch räumlich immer weiter, der Zusammenhalt in Familien sei nicht mehr so stark wie früher. Schlotterhoses Erfahrung: „Die meisten Menschen wollen ihren Hinterbliebenen, etwa in Sachen Grabpflege, nicht zur Last fallen.“