Ende 2. Weltkrieg Kriegsende: Zeitzeugen gesucht
Krefeld · Im März 2020 jährt sich der Einmarsch der Amerikaner zum 75. Mal. Ein Team will diese Zeit aufarbeiten.
Vor der Villa Merländer, der Krefelder NS-Dokumentationsstelle an der Friedrich-Ebert-Straße, steht ein amerikanischer Militär-Jeep. Originalgetreu, mit der Aufschrift „From Philly to the Rhine“. Viele der jungen GIs, die am 2. März 1945 Krefeld erobern und damit zwei Monate vor dem offiziellen Ende das Kriegsende einläuten, kommen aus der Nähe von Philadelphia. „Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass im Jahr 1683 13 Krefelder Familien nach Amerika ausgewandert sind und in Philadelphia gelandet sind und die GIs dann von dort kommen“, sagt Stefan Kronsbein vom Verein für Heimatkunde. Er ist Teil einer Arbeitsgruppe, die das Kriegsende 1945 historisch aufarbeitet und dazu noch Zeitzeugen für den Einmarsch der amerikanischen Streitkräfte sucht.
Mit dem Einmarsch der Amis beginnt eine neue Zeit
Für die Menschen damals in Krefeld und am Niederrhein beginnt eine Zeit des radikalen Umbruchs und Wiederaufbaus. Am Abend vor dem Einmarsch ist die Ungewissheit noch groß: „Was wird wohl aus uns werden, wenn die Amerikaner morgen kommen“, fragte sich die damals 24-jährige Krefelderin Franziska Richter. Goebbels’ Propaganda berichtet von schrecklichen Gräueltaten und Massenvergewaltigungen durch die Russen in Ostpreußen und Pommern. Die Meldungen sollen die Kampfmoral der Verteidiger stärken – an allen Fronten. „Ängstige Dich nicht, die Amerikaner sollen ganz human sein“, beschwichtigte ihre Mutter.
In einem Interview vor vier Jahren in der WZ im Rahmen der Serie „Vor 70 Jahren – die Stunde Null“ erinnerte sich die Krefelderin noch sehr genau an die ersten Begegnungen. Weitere Zeitzeugen suchen jetzt zum 75. Jahrestag am 2. März 2020 Sandra Franz, Leiterin des NS-Dokumentationszentrums, Stefan Kronsbein, Markus Scholten, Charly Fonken, Hans Pöpperl und Werner Stenmans. Sie haben sich zusammengefunden, um diesen Teil der Krefelder Stadtgeschichte aufzuarbeiten. „Die Judenverfolgung in Krefeld ebenso wie die Ereignisse des großen Bombenangriffs im Jahr 1943 sind in Krefeld gut dokumentiert, der Einmarsch der amerikanischen 102. Infanterie-Division aber nicht“, erklärt Kronsbein.
Übers Internet Kontakt zu Angehörigen ehemaliger Soldaten
Markus Scholten hat zwei große Hobbys. Eisenbahnen (dazu hat er das Buch „Verkehrsknoten Krefeld“ veröffentlicht) und US-amerikanische Truppen und US-Militärfahrzeuge. „Was waren das für Soldaten, die 1945 nach Krefeld gekommen sind?“, ist die Frage, die ihn brennend interessiert. Schnell und unkompliziert hat er über eine Yahoo-Gruppe im Internet Angehörige ehemaliger GIs kennengelernt – und einen Aufruf gestartet. Er suchte nach Soldaten, die 1945 in Krefeld waren. So hat er inzwischen schon Tagebücher, Fotos und Erinnerungsstücke erhalten.
„Im Gegensatz zu den russischen und teils auch französischen Soldaten waren die amerikanischen wie auch die englischen Soldaten überwiegend freundlich gegenüber der Bevölkerung“, erzählt Sandra Franz aus Überlieferungen. „Wir werden aber auch hinschauen, ob mögliche Übergriffe bekannt und dokumentiert sind“, sagt sie weiter. Dazu werden sie unter anderem auch mit dem Holocaust-Memorial-Museum wie auch dem amerikanischen National-Archiv zusammenarbeiten, in das das Militär-Archiv integriert ist.
„Es gibt einen Krefelder Verwaltungsbericht aus dem Jahr 1946, in dem von vielen Plünderungen und Vergewaltigungen die Rede ist“, sagt Kronsbein. Diese Gräueltaten werden aber eher den ehemaligen Zwangsarbeitern zugeschrieben, die sich damit an der Bevölkerung rächen wollten. Kronsbein hat einen Fragebogen entwickelt, der Leitfaden für die Interviews sein wird. Zeitzeugen können sich bei Franz melden unter Telefon 02151/50 35 53 (es läuft außerhalb der Bürozeiten ein Anrufbeantworter) oder: