Kreis Mettmann Betriebe aller Branchen suchen dringend Auszubildende

Kreis Mettmann. · Der Mettmanner Rechtsanwalt Dierk Lesch suchte vier Monate lang nach einer Nachwuchskraft. So wie ihm geht es vielen Berufskollegen.

Rechtsanwalt Dierk Lesch sucht einen Azubi.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Eigentlich kann es Dierk Lesch immer noch nicht so recht glauben. Seit der Mettmanner Anwalt 2007 seine Praxis eröffnet hat, bildet er aus. Acht Rechtsanwaltsfachangestellte haben bei ihm ihren Beruf erlernt. Doch in diesem Jahr „sind viel weniger Bewerbungen bei mir eingegangen als in den Jahren zuvor“, erzählt der 41-Jährige. Er und seine Berufskollegen sind da schon sehr verwundert – „es suchen alle Nachwuchs, und keiner findet was“ – hat das wirklich mit Corona zu tun? Immerhin verlieren Jugendliche, die sich jetzt nicht um eine Ausbildung bemühen, in ihrem Lebenslauf ein volles Jahr.

Tatsächlich werden Arbeitsagentur, Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer nicht müde, junge Menschen noch zu einer Ausbildung zu bewegen – selbst jetzt noch, wenn am 3. August für die meisten Jugendlichen der erste Arbeitstag ihrer Lehre beginnt. „Die Unternehmen sind auf einen späteren Start der Ausbildungen eingestellt und werden diesen bis in den Herbst oder sogar Winter hinein ermöglichen“, sagt Karl Tymister, Chef der Agentur für Arbeit ­Mettmann.

Zwar ist in diesem Jahr die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze im Kreis mit insgesamt 2106 um 17,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Doch zurzeit sind noch 763 Stellen frei. Dem gegenüber haben zurzeit 985 junge Menschen weder einen Ausbildungsplatz, noch eine Alternative dazu. Die Arbeitsagentur begibt sich daher jetzt mit einem Infostand in die Städte, um noch nachzuvermitteln. Auch in Mettmann machen die Berufsberater Station.

Fehlende Azubis verschärfen
den Fachkräftemangel

Viele Branchen bringt der Nachwuchsmangel in Bedrängnis – das ist auch bei den Rechtsanwälten so. Dierk Lesch hat sich auf Strafrecht spezialisiert und auch wegen der Corona-Krise immer mehr zu tun. Denn er berät seine Mandanten auch bei der vermeintlichen Verletzung von Corona-Schutzmaßnahmen.

Normalerweise wächst die Zahl der Fälle, die er bearbeiten muss, von Jahr zu Jahr um zwölf Prozent. In diesem Jahr ist es mehr als das Doppelte. „Die Zahl der Fälle steigt, aber wir warten auch länger darauf, bis unsere Rechnung beglichen ist.“ Den Grund sieht er in der hohen Kurzarbeit. Doch auch Rechtsanwälte, die sich mit Insolvenzrecht befassen, suchen händeringend Verstärkung, und das nicht erst, seit klar wurde, dass ab Herbst wegen Corona eine Pleitewelle anrollen soll. „Wir suchen alle und keiner findet was“, sagt Lesch. Das wundere alle, denn jeder Fachangestellte werde nach Beendigung seiner Ausbildung „mit Kusshand übernommen“. Vier Monate lang suchte Lesch nach einer Nachwuchskraft, die Team- und Kommunikationsfähigkeit mitbringt, ein gepflegtes und freundliches Auftreten hat und „die Arbeit nicht scheut“. Jetzt hat eine junge Frau zur Probe in der Kanzlei gearbeitet. Ihr will er zusagen, und hofft, dass sie es auch tut.