Dortmund-Fan aus Velbert erlebt das Drama live in London

Am Tag nach dem 1:2 seiner Borussen ist die Enttäuschung bei André Bergmann vom Fanclub „Stadionwächter“ schon nicht mehr so groß wie in der 89. Minute des Spiels.

London/Velbert. „Es war wie ein eiskalter Stich ins Herz“, beschreibt BVB-Fan André Bergmann den Moment in der 89. Minute, als Arjen Robben am späten Samstagabend den 2:1-Siegtreffer für den FC Bayern München im Finale der Champions League gegen Borussia Dortmund erzielte.

Der Velberter war im Wembley-Stadion in London live dabei. „Der Traum vom Sieg war damit kaputt. Es war wie eine zerplatzte Seifenblase“, sagt der 29-Jährige vom BVB-Fanclub „Stadionwächter 09“.

Am Tag danach war die Enttäuschung aber schon nicht mehr so groß. „Wir hatten eigentlich schon gewonnen, in dem wir es bis ins Finale geschafft haben. Damit konnte niemand rechnen“, sagt Bergmann. Mit „Wir“ meint er seine Borussia.

Bereits am Freitagabend hatte sich der glühende Fußballfan mit dem Bus auf den Weg in die englische Hauptstadt gemacht. Gegen 6 Uhr am Samstagmorgen war die Metropole erreicht. „Ich bin fußballverrückt“, sagt Bergmann. „Vormittags habe ich eine Stadiontour gemacht und mir unter anderem die Spielstätten von Arsenal und Chelsea angesehen. Mich faszinieren diese Bauwerke einfach.“

Dass sich im englischen Fußball-Mekka Wembley zwei deutsche Mannschaften gegenüberstehen, wurmte die Engländer offenbar weniger als von vielen angenommen. „Die waren alle total entspannt. Viele haben der Borussia Glück gewünscht. Von einer deutsch-englischen Rivalität war nichts zu spüren“, berichtet der Velberter über die Begegnungen mit den Menschen in London.

Mittags regierte am Piccadilly Circus schwarz-gelb — das Zentrum Londons war fest in Dortmunder Hand. „Die Polizei hat sich auch nur vereinzelt gezeigt. Ein Eingreifen war auch nicht notwendig. Es war einfach eine große, friedliche Party“, sagt Bergmann über die Atmosphäre in der Innenstadt.

Auch zwischen Bayern- und Dortmund-Fans gab es keine Probleme. „Viele Bayern-Fans sind mir nicht begegnet. Wenn, dann wurden natürlich ein paar Sprüche ausgetauscht, aber es blieb alles im Rahmen — so, wie es sich gehört.“

Gleiches Bild vor dem Stadion. Von der U-Bahn-Station waren es nur noch wenige Hundert Meter in Richtung Eingang. Auch dort trafen die Fans beider Vereine aufeinander. „Rivalität ja, Stress nein“, schildert der BVB-Anhänger die Situation. „Bei allen war einfach diese wahnsinnige Vorfreude zu spüren. Die Fans haben gesungen und für eine tolle Atmosphäre gesorgt“, sagt Bergmann.

Auch nach dem Spiel blieb alles ruhig und die Schwarz-Gelben feierten — trotz der Niederlage. „Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Ich erkenne den Sieg der Bayern an. Sie haben vor allem in der Schlussphase enorm viel Druck gemacht“, sagt Bergmann und zeigt, dass er ein fairer Verlierer ist. „München war eben dieses eine Tor besser.“

Nach dem Schlusspfiff sah sich Bergmann die Siegerehrung an, rollte seine „Velbert“-Fahne ein, die er immer dabei hatte, applaudierte seinem Team für die Leistung und verließ das Stadion in Richtung U-Bahn. Von dort aus ging es direkt zum Flughafen Heathrow. Viel geschlafen hat André Bergmann seit Freitag nicht. „Ich bin einfach nur gerädert“, sagt er. „Jetzt steht erst einmal Familienurlaub auf dem Programm.“

47 Spiele hat er in der abgelaufenen Saison gesehen, hat dafür rund 30 000 Kilometer zurückgelegt. „Ich muss mich bei meiner Freundin bedanken. Sie steht meiner Fußballverrücktheit sehr tolerant gegenüber. Eigentlich hatte sie mit Fußball nie etwas an der Mütze, aber inzwischen hat sie auch eine Dauerkarte.“

Das Finale in Wembley wird er nicht vergessen — auch wenn seine Borussia den Pokal nicht in den Himmel strecken durfte. „So ist halt der Fußball. Trotzdem war es einfach ein geiles Spiel und ein tolles Erlebnis.“