Erkrath Hochzeitszeremonie geht auch ohne Kirche
Erkrath. · Die Erkratherin Natalie Sahm hat sich als Traurednerin selbstständig gemacht. Freie Trauungen, wie sie sie anbietet, liegen im Trend. Ihr Geschäft ist für Sahm eine Herzenssache.
Ja, ich will – diesen Satz hat Natalie Sahm in ihrem Leben schon viele dutzend Mal gehört, und das nicht nur von ihrem Mann: Die Erkratherin ist Traurednerin. Das heißt, sie führt freie Trauungen durch. Auch wenn es zu freien Trauungen keine Statistiken gibt – sie liegen im Trend. Beobachter bestätigen, dass ihre Zahl steigt. Und auch Natalie Sahm hat viel zu tun: Sie ist 2020 schon auf Monate hinweg ausgebucht. „Die Buchungen gehen schon mindestens ein Jahr vorher los.“ Einzelne Termine kann sie für den bevorstehenden Sommer nur noch auf Nachfrage anbieten.
Eine nicht-religiöse Alternative zur kirchlichen Hochzeit
Freie Trauungen ersetzen bei Paaren, die keinen religiösen Hintergrund haben, die kirchliche Hochzeit. Sie sind rechtlich – wie die kirchliche Hochzeit auch – nicht bindend. Wer also eine rechtsgültige Ehe schließen will, muss dies weiterhin vor dem Standesamt tun. Dennoch wünschen sich Paare nach diesem eher bürokratischen Akt eine feierliche Zeremonie, weiß Natalie Sahm. Rituale seien den Menschen wichtig, und daher verstehe sie sich als „Regisseurin von wunderbaren Hochzeitszeremonien“.
Natalie Sahm ist ausgebildete Logopädin und hat in diesem Beruf einige Jahre gearbeitet. Doch auch das freie Reden liegt ihr; ein Talent, das sie zunächst zur Schauspielerei führte. Dann aber sprachen Freunde sie an, ob sie auf ihrer freien Trauung nicht die Traurednerin sein wolle. „Das war dann so ein Aha-Erlebnis“, erinnert sie sich lachend, denn sofort war ihr klar: Das ist ihr Ding, ihre Herzenssache. Wie eine freie Trauung aussieht, liegt denn auch völlig in der Vorstellung dieser Paare. Ob am Strand des holländischen Küstenstädtchens Noordwijk oder in der Höhle des „Café No. 1“ in Erkrath, sie ist bereit, sich auf alle Umgebungen einzulassen. Natürlich gibt es auch Grenzen. „Schwarze Messen würde ich niemals abhalten. Bei mir steht die Freude an erster Stelle, es soll gelacht werden können“, sagt sie. Und auch religiöse Texte überlässt sie lieber Geistlichen, die mitunter an freien Trauungen mitwirken – das Wörtchen „frei“ ist hier von größter Bedeutung.
2017 machte sich Natalie Sahm als Traurednerin selbstständig. Mittlerweile betreibt sie mit „TrauZeiten“ eine Agentur mit weiteren fünf Mitarbeitern. Darunter einer, der freie Trauungen mit schamanischen Ritualen durchführt. Was gewünscht ist, stellen sie und ihre Mitarbeiter während Vorgesprächen fest, die sie mit den Paaren führen. Bereits dann entsteht eine engere Bindung und Sympathie, die Natalie Sahm an diesem Beruf – oder ist es eine Berufung? – sehr schätzt.
Rund 45 Minuten dauert eine freie Trauung in der Regel, und ihre Rituale sind von höchster Symbolik. So notieren die Gäste beispielsweise ihre Wünsche für das Paar auf edles Papier, tragen sie vor und verbrennen sie dann in einer Feuerschale. Kinder und Eltern von neu entstehenden Patchwork-Familien lassen gerne auch verschiedenfarbigen Sand in ein Gefäß rieseln, um mit den bunten Schichten zu zeigen: Hier entsteht etwas Neues, Buntes. Ein womöglich unverbindlicherer Akt als eine Hochzeit in der Kirche? „Ich empfinde das nicht so“, sagt Natalie Sahm. Eine freie Trauung zu planen, „das macht niemand, der diese Nähe zueinander nicht hat.“ Und auch den religiösen Aspekt empfinde sie nicht als fehlend: „Für mich ist es so, Liebe ist göttlich, daher ist Gott sowieso mit dabei.“
Natalie Sahm hat übrigens 2009 geheiratet, in der Toscana. Doch hätte sie damals schon von der Möglichkeit zur freien Trauung gewusst, „dann hätte ich es gerne gemacht“, sagt sie. Aber auch das ist kein Problem: Paaren, die ihr Ja-Wort nach Jahren glücklicher Ehe noch einmal vor Freunden und Familie bekräftigen wollen, bieten Trauredner ebenfalls ihre Dienste an.