Gericht: Angeklagter redet an der Sache vorbei

Die Widersprüche im „Fall Daniel“ können auch am siebten Verhandlungstag trotz intensiver Nachfragen des Richters nicht aufgeklärt werden.

Erkrath. Mit Fotos von einer Ketchup-Flasche will der Richter Bewegung in das Verfahren bringen: „Die steht ja noch mitten auf der Arbeitsplatte. Was haben Sie denn die ganze Zeit gemacht?“ Das Aufräumen könne nicht mehr als eine Minute gedauert haben, hält er dem Angeklagten vor.

Es ist der grausame Tod des kleinen Daniel, den die 5. große Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts aufklären will. Der zweijährige Erkrather war am 12. Mai 2010 nach schweren Misshandlungen und Verbrühungen gestorben. Seine 32-jährige Mutter und ihr damaliger Freund (heute 24) sind angeklagt.

Das Kreuzverhör des stämmigen jungen Mannes ist nach sieben Verhandlungstagen am Dienstag ein letzter Versuch des Vorsitzenden Richters Robert Bertling. Bei dem ausgebildeten Werkzeugmacher sieht die Staatsanwaltschaft die Hauptschuld am Tod des Kindes.

Der Angeklagte müsste nicht einmal aussagen, lässt sich durch die bohrende Suche nach zeitlichen Ungereimtheiten in den Stunden vor Daniels Tod nicht aus der Ruhe bringen: „Ich habe aufgeräumt, den Tisch abgewischt“, wiederholt er mit heller Stimme.

Schon andere Widersprüche hat der Angeklagte einfach übergangen. So musste das Gericht ungeklärt lassen, von wem die Trennung in einer früheren Beziehung ausging. Die damalige Freundin sagt aus, er habe ihre Beziehung telefonisch beendet — am Tag, nachdem sie, gerade 17-jährig, eine Fehlgeburt mit ihren Zwillingen hatte.

Er behauptet in einem Satz, dass vielmehr sie Schluss gemacht habe und dass er dem Wunsch seiner Eltern nach Trennung entsprochen habe. Wie die Mutter von Daniel hatte der Angeklagte die Zeugin im Internet kennengelernt. Mit der damals 15-Jährigen kam er schnell zusammen, wollte angeblich sogar heiraten und wünschte sich Kinder.

Nach der Aussage von Dutzenden von Zeugen ist das Gericht fast am Ende der Beweisaufnahme. „Wir haben sehr vielen Leuten immer die gleichen Fragen gestellt“, fasste der Vorsitzende Richter das bisherige Verfahren zusammen. Er erklärte: Außer der bisher angeklagten gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge könnte auch eine Misshandlung von Schutzbefohlener vorliegen. Das wäre ein schwächerer Vorwurf.

Der Prozess wird fortgesetzt.