Leben im Rollstuhl: Ein Weg voller Hindernisse
Walter Pugge ist 85 Jahre alt und sitzt im Rollstuhl. Wenn er Einkaufen möchte, muss er Gullydeckel und Bodenkanten überwinden.
Hochdahl. Walter Pugge war einst erfolgreicher Unternehmer. „Ich hatte ein Tiefkühllagerhaus in Düsseldorf“, sagt der 85-Jährige im WZ-Gespräch. „Tiefkühlkost war damals noch eine echte Seltenheit.“ Mittlerweile ist der gebürtige Kölner im verdienten Ruhestand, hat seine Firma 1988 verkauft. Aber: Walter Pugge ist seit Weihnachten vergangenen Jahres an einen Rollstuhl gebunden.
„Bei mir wurde Lungenfibrose diagnostiziert“, sagt er. „Ich kann zwar fünf, sechs Schritte normal gehen. Aber dann geht mir die Puste aus, weil mein Lungenvolumen weniger als 20 Prozent beträgt.“ Begleitet wird das Ganze von Hustenanfällen. Dementsprechend sei er auf den Rollstuhl angewiesen — und damit auch den Tücken, die einem Rollstuhlfahrer auf Bürgersteigen und Straßen begegnen, ausgeliefert.
„Ich muss oft vor manchen Hindernissen kapitulieren und lange Umwege in Kauf nehmen“, sagt der 85-Jährige, der sich dennoch jeden Tag von seinem Haus an der Bettina-von Arnim-Straße zum Einkaufen in Richtung Hochdahler Markt aufmacht.
Zwar gehen ihm und seiner Frau eine Haushaltshilfe und ein Gärtner zur Hand. Aber ein bisschen Selbstständigkeit wolle er sich doch erhalten. Zumal seine Frau Anna (84) nach einem Schlaganfall ihrerseits seit sechs Jahren im Rollstuhl sitzt. „Bis es mich ebenfalls erwischte, konnte ich meine Frau chauffieren“, sagt Walter Pugge, dessen Haus unter anderem mit einem Treppenlift ausgestattet ist. „Auch wenn eine zehn Zentimeter hohe Bürgersteigkante im Weg war. Nun aber . . .“ Das Problem fange schon vor der Tür an, weil manche Autofahrer die Schildsheider Straße, über die Pugge muss, wenn er zur Bushaltestelle an der Beckhauser Straße will, „als Rennstrecke“ ansehen. Glücklich, heil auf der anderen Straßenseite angekommen zu sein, gehe es über den Eichendorffweg weiter. Von dort führt ein abschüssiger Fußweg in Richtung Beckhauser Straße, wo auch sofort die Haltestelle ist.
„Der Hinweg funktioniert auch einigermaßen reibungslos“, so Pugge. „Aber zurück muss ich einen Riesenbogen unter anderem am Stadtweiher entlang machen.“ Grund: Zurück geht es bergauf, auf halber Strecke haben sich die Bodenplatten versetzt, und mitten auf dem Weg steht ein Gullydeckel mehrere Zentimeter heraus. „Da habe ich keine Chance“, sagt der 85-Jährige, der sich von Politik und Verwaltung wünscht, „mehr behindertengerecht“ zu planen.
„Ich habe mich schon manches Mal zerschossen“, so Pugge, der das eine oder andere Mal mit seinem „Rolli“ „verunfallt“ ist, weil sein Gefährt in ein Schlagloch gefahren oder an eine Stolperfalle, wie besagtem Gully, geraten ist.
„Das Problem ist bekannt“, sagt der stellvertretende Leiter des Tiefbauamtes, Ralf Kentgens. Schließlich obliege der Stadt die Verkehrssicherungspflicht. Dabei verweist er auf einen ohnehin bestehenden Beschluss des Planungsausschusses, nach dem zum Beispiel Bordsteinabsenkungen verabschiedet worden seien. „Nur“, so Kentgens, „das dauert natürlich seine Zeit.“ Zumal die Stadt lediglich einen einzigen „Begeher“ habe, der Erkrath speziell nach diesen Schwachstellen im wahrsten Sinne des Wortes abgehe.
„Ich möchte keinen Stress machen“, sagt derweil Walter Pugge. „Was ich möchte, ist: Sensibilisieren.“