Letzte Segnung nur in der Kapelle
In Erkrath wird der letzte Segen nicht in der Kirche gesprochen, der der Verstorbene zeitlebens treu war. Aussegnungen finden in der Kapelle statt.
Erkrath. Als ihre Mutter im Juli dieses Jahres verstarb, stand es für Marina Kriebitsch außer Frage, dass es einen Aussegnungs-Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Alt-Erkrath geben sollte. „Wir sind in der fünften Generation evangelisch-lutherisch, meine Mutter lebte den christlichen Glauben, ihr Enkel wurde in dieser Kirche, mit der sie vertraut war, getauft und konfirmiert“, erzählt Marina Kriebitsch, die ihre Mutter bis zuletzt zuhause pflegte. Also fragte sie beim Bestatter an, ob eine Aussegnungszeremonie in der Kirche möglich wäre. Dieser habe das zunächst bejaht, hätte nach Rücksprache mit der Gemeinde aber zurückrudern müssen: In der Kirche gehe es leider nicht, der Gottesdienst müsse in der städtischen Friedhofskapelle an der Kreuzstraße stattfinden, so die Auskunft.
„Das kann doch nicht sein, das ist gegen mein Grundgefühl“, erinnert sich Marina Kriebitsch an ihre erste Reaktion. Sie habe in der „hellen und freundlichen“ Kirche von ihrer Mutter Abschied nehmen wollen, das sei ihr einfach wichtig gewesen. Zuerst sei sie „ nur traurig gewesen“, dann habe sie ihre Kräfte mobilisiert und bei einer Presbyterin in der Nachbarschaft angefragt, warum es in der Kirche nicht gehe.
Marina Kriebitsch
Die Auskunft: Es sei schon seit Jahren so, dass die Aussegnungs-Gottesdienste mit dem Gemeindepfarrer in der städtischen Kapelle stattfinden, dazu gebe es auch einen Beschluss des Presbyteriums. Gründe für diese Entscheidung wurden nicht genannt, „aber es kann nur finanzielle Gründe geben“, vermutet Marina Kriebitsch.
Finde der Gottesdienst in der städtischen Kapelle statt, spare die Gemeinde schließlich Aufwand und die Stadt verdiene daran — denn der Gottesdienst in der Kirche ist für die Angehörigen frei, für die Kapelle müssen sie hingegen 240 Euro an die Stadt zahlen. „Dass es für Gemeindemitglieder nicht möglich ist, ihre Angehörigen auf Wunsch in der Kirche aussegnen zu lassen, finde ich traurig“, erklärt Marina Kriebitsch.
Die Gottesdienst-Gestaltung in der Kapelle sei zwar sehr schön gewesen, aber die konfessionslose Kapelle selbst sei „ein dunkles Loch — scheußlich“, sagt Kriebitsch, die sich, als Christin und als Kirchensteuerzahlerin, vor den Kopf gestoßen fühlt. Schäfchen-Pflege seitens der Kirche sehe anders aus, sagt Kriebitsch, und ergänzt: „Ich würde das selbst nicht tun, aber ich verstehe inzwischen, warum manche Menschen aus der Kirche austreten.“
Pfarrerin Gisela Kuhn, die auch Vorsitzende des Presbyteriums ist, mochte sich zu der Angelegenheit am liebsten gar nicht öffentlich äußern. Sie betont, dass es eben schon lange nicht mehr so sei, dass, wie früher im ländlichen Raum üblich, jeder Aussegnungsgottesdienst in der Kirche stattfindet. Hinter der Entscheidung, wo eine Aussegnung stattfinden könne, stecke ein „sehr kompliziertes System“ von Koordinaten bezüglich Verfügbarkeit von Raum und Persona. Aus der Gemeinde ist zu vernehmen, dass es nur ganz selten vorkommt, dass Aussegnungs-Gottesdienste in der Alt-Erkrather Kirche stattfinden, zuletzt eigentlich nur bei Personen mit ganz engem Bezug zur Gemeinde — wie beispielsweise Angehörige von Pfarrern und Presbytern.