Neanderkirche: Religionen näher beleuchtet
Verbindendes von Christentum und Islam stand in der Neanderkirche im Mittelpunkt.
Hochdahl. Es war ein besonderes Kulturereignis, zu dem die evangelische Kirchengemeinde Hochdahl am Freitagabend eingeladen hat. Bereits von außen bietet sich den Besuchern der Neanderkirche ein nicht alltägliches Bild: Von allen Seiten rot angestrahlt scheint das Gebäude zu glühen. An diesem Abend trifft Kirche Kultur. „Wir möchten über den berühmten Tellerrand hinaus schauen. Das ist zum einen musikalisch zu verstehen, und es zeigt sich auch in der Öffnung für andere Kulturen“, sagt Pfarrer Lutz Martini.
Im Rahmen der Veranstaltung sollen Spenden für die Anschaffung einer neuen Orgel für die Kirche gesammelt werden. Für die Lichteffekte sorgt das Gemeindeglied Wolfgang Lyding. „Das ist seine Leidenschaft, Gutes auf ungewöhnlichen Pfaden zu tun“, sagt seine Frau Ulrike Lyding über ihn.
Viel Lob ist im Inneren der Kirche für die ungewöhnliche Illumination zu hören. „Gefällt mir gut“, sagt auch Eberhard Siebel, der die Kirche an diesem Abend besucht. „Wir sind heute vor allem wegen Karl-Josef Kuschel hier. Das wird bestimmt interessant“, sagt er. Der Vortrag des Professors von der Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen über „Weihnachten und der Koran“ ist der Höhepunkt des Abends.
Während draußen Glühwein und kleine Snacks angeboten werden, stimmt Gitarrist Billy Lang aus Neuseeland die Gäste musikalisch auf den Abend ein. Latin-Jazz sei seine musikalische Richtung, sagt er — und so ist die Neanderkirche bald erfüllt von Rumba- und Samba-Rhythmen, virtuos von Lang auf der Gitarre vorgetragen.
Im vorderen Teil der Kirche sitzen drei Ehrengäste: Vertreter der muslimischen Gemeinde in Hochdahl, darunter Mohammed Assila, interkultureller Berater in Erkrath und Hilden. „Ich bin mit offenem Herzen und Intellekt hierhergekommen, und ich werde heute Abend auch meinen Beitrag für die neue Orgel leisten“, sagt er. Auch Imam Said El Habti sieht dem Vortrag mit Interesse entgegen. „Der Koran spricht über Weihnachten, aber es ist eine andere Sichtweise“, sagt er.
Das bestätigt Professor Kuschel in seinem Vortrag, der Gemeinsames und Trennendes zwischen Christentum und Islam näher beleuchtet. Die Geburt Jesu werde im Koran erwähnt. Zeit und Ort spielten darin aber keine Rolle. Wichtig sei dem Koran die Betonung der Schaffenskraft Gottes, erfahren die Zuhörer im Vortrag. Judentum, Christentum und der Islam berufen sich zumindest teilweise auf gemeinsame Quellen und zählen zu den abrahamitischen Religionen. „Es gibt also eine innere Verwandtschaft der drei Religionen“, sagt Kuschel. Zudem sei eine Heilige Nacht keine speziell christliche Erfindung, vielmehr konzentrierten sich in vielen Weltreligionen herausragende Ereignisse auf eine Heilige Nacht.
Die Zuhörer bedenken den spannenden Vortrag mit viel Applaus und haben im Anschluss Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen oder Anregungen zu geben. Kuschel zeigt in der nachfolgenden Diskussion einen Weg für einen besseren interreligiösen Dialog auf: Die Feste des anderen zu kennen und zu würdigen sei ein erster Schritt zu einem vertrauensvollen Miteinander.