St. Sebastianus Schützen: „Das Bild vom Trinker in Uniform ist falsch“
Thomas Kirchhoff, Brudermeister der St. Sebastianus Schützen, legt sein Amt nieder. Wir sprachen mit ihm über Sinn und Zweck einer Bruderschaft in der heutigen Zeit.
Erkrath. Fast alle Erkrather kennen ihn als Mann im weißen Kittel. Dr. Thomas Kirchhoff (58) ist nämlich Arzt. Aber nicht nur das: In seiner Freizeit ist er Brudermeister der St. Sebastianus Bruderschaft. Und das seit zehn Jahren. Jetzt legt er sein Amt als Brudermeister nieder.
Herr Dr. Kirchhoff, haben Sie die Nase voll von dem Verein?
Thomas Kirchhoff: Nein, das kann man überhaupt nicht sagen. Die Arbeit als Brudermeister macht mir noch richtig Spaß.
Warum hören Sie dann auf?
Kirchhoff: Ich lege mein Amt aus familiären Gründen nieder. Außerdem denke ich, dass zehn Jahre im Amt genügen. Ein jüngerer Nachfolger kann jetzt frisch ans Werk gehen. Ich habe da gar keine Bange vor.
Wer wäre denn ein fähiger Nachfolger für Sie?
Kirchhoff: Ich denke, dass es in der Bruderschaft viele geeignete Kandidaten gibt. Mein Wunschkandidat wäre natürlich ein deutlich jüngerer als ich, denn es muss mit unverbrauchter Energie weitergemacht werden. Außerdem bringen junge Leute frische Ideen mit. Einen konkreten Wunschkandidaten habe ich aber nicht.
Mal grundsätzlich: Ist das Schützentum nicht sehr verstaubt? Ist der Verein Ihrer Ansicht nach noch zeitgemäß?
Kirchhoff: Allerdings. Ich finde, dass die Bruderschaft besonders zeitgemäß ist. Gerade wenn man über die Notwendigkeit von sowas nachdenkt.
Warum ist eine Bruderschaft notwendig?
Kirchhoff: Eine Bruderschaft leistet wertvolle Arbeit. Gerade wenn man sich die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre anschaut. Ich spreche von dem Verfall der Familien und dem Niedergang von Autoritätspersonen. Wir machen auf die christlichen Werte aufmerksam, stärken die Jugend und bieten eine Gemeinschaft.
Warum sollte denn ein junger Mensch noch in einen Schützenverein gehen?
Kirchhoff: Das, was wir bieten können, ist die Wertschätzung der Persönlichkeit. Wir geben Jugendlichen funktionelle oder organisatorische Aufgaben. Das stärkt sie. Wichtig ist auch das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Man fühlt sich einfach geborgen.
Es sieht schon merkwürdig aus, wie Sie zwischen Ihrer Rolle als Arzt und Brudermeister hin und her wechseln. Haben Sie damit Probleme?
Kirchhoff: Nein, überhaupt nicht. Die Bruderschaft ist ein Querschnitt der Gesellschaft. Wir haben Landwirte, Schüler, Studenten, Handwerker und Akademiker als Mitglieder. In diesem Spektrum gibt es eben auch Lehrer, Juristen und Ärzte.
Es gibt ja so einige Vorurteile über Schützen. Meist heißt es, dass die nur schießen und trinken. Stimmt das?
Kirchhoff: Das hören wir oft: Das Bild vom uniformierten Trinker. Das ist falsch und entspricht überhaupt nicht den Tatsachen. Wenn wir uns treffen, stehen da mehr Wasserflaschen auf dem Tisch, als Biergläser.
Wie wird eine Bruderschaft von der Gesellschaft wahrgenommen, früher und heute?
Kirchhoff: Die Bruderschaft in Erkrath war in den 50-er und 60-er Jahren eine ausgesprochen wichtige Organisation. Das hat sich jetzt ein bisschen geändert. Jetzt sind wir eher in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Erwähnenswert ist aber, dass die Bruderschaft zu Gründungszeiten auch legislative Aufgaben hatte. Die haben wir aber natürlich schon lange nicht mehr. Geblieben sind die Werte um Glaube, Sitte und Heimat.