Kultur in Hilden Unterschiede zwischen Kunst und Kitsch im Kunstraum Gewerbepark-Süd
Hilden · Von der aktuellen Politik abgesehen, gibt es wohl kaum ein Thema, über das sich so vortrefflich streiten lässt wie die Kunst. Doch nicht jedes kreative Produkt erhält die Auszeichnung als Kunst, sondern wird rigoros als Kitsch bewertet.
ie Unterscheidung der künstlerischen Gegensätze Kitsch und Kunst ist alles andere als klar definiert. In dieser Gemengelage ist die Ausstellung „Kitsch und Kunst – Konfrontationen und Grenzgänge“, die am Sonntag, 8. Oktober, um 11 Uhr im Kunstraum sowie auf dem Außengelände im Gewerbepark-Süd eröffnet wird, zu verorten. Allzu häufig kommt die persönliche Einschätzung eher aus dem Bauch. Emotionen bilden eine Beziehung zu dem Kunstwerk, das für andere eher dem Kitsch zuzuordnen ist. Heerscharen von wissenschaftlich arbeitendem Personal, allen voran Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, bemühen sich geflissentlich um Parameter für die Definition von Kunst.
Was den Kitsch anbetrifft, so wirken Definitionen, vielfach vom Umkehrschluss der Kunstdefinition abgeleitet, eher schwammig und somit hilflos. Wie soll beispielsweise reproduzierte Kunst eingeordnet werden, wie der ironische Umgang mit Kitsch-Attributen? Und ist nicht abgebildeter Kitsch, der immerhin zu Diskussionen anregt, dann doch wiederum Kunst?
Anhand von Fotos, Malerei, Installationen und Objekten präsentiert die Ausstellung reichlich Stoff für ganz unterschiedliche Einordnungen. Als kitschiges Sinnbild spießig deutscher Befindlichkeit fungiert ein Gartenzwerg. In dem Kunstprojekt von Sabine und Ansgar M. van Treeck, „Alibaba round the World – Ein Gartenzwerg geht auf Reisen“, das sich über das Außengelände erstreckt, begleitet die Kitsch-Ikone, die von marokkanischen Beduinen „Alibaba“ getauft wurde, das Fotografen-Paar auf verschiedenen Reisen und dient dabei nicht nur als skurriles Accessoire in Landschaften, wo der Zipfelmützen-Träger eigentlich nicht zuhause ist, sondern auch als Kulturbotschafter in Sachen Kunst.
Schnell fällt in der Ausstellung der Blick auf die Ansammlung goldfarbener Hasen. Ein gewagter Spagat, den Ottmar Hörl zwischen Albrecht Dürers ikonischer Zeichnung und – wenn auch ohne Glöckchen – dem Schokoladenhasen eines bekannten Süßwarenherstellers vollzieht. Das Goldene allein ist bereits ein offenes Bekenntnis zum Kitsch. Aber ist nicht auch Dürers Zeichnung in ihrer millionenfacher Reproduktion nicht längst auch zum Kitsch verkommen?
Im Kielwasser von Jeff Koons bewegen sich Hans-Peter Feldmann mit seiner David-Büste, eine Pop-Hommage an Michelangelos Meisterwerk, oder auch Michael Bergers Mona Lisa, eine Keramikbüste, die ihr berühmtes Lächeln nicht nur barbusig präsentiert, sondern zudem die Betrachtenden zu „Lach mal!“ auffordert.
Rein bildnerisch widmet sich Dominik Hebestreit konsequent Kitsch-Darstellungen wie etwa auf dem Triptychon „Kätzchen, Rotkäppchen, Schaf im Wolfsfell“. Vor dem Hintergrund einer geblümten Tapete strahlen sowohl Katze als auch das Mädchen eine Heile-Welt-Idylle, die fast schon weh tut, aus. Lediglich das Schaf im Wolfspelz, das wie seine Artgenossin im Woody-Allen-Klassiker „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten…“ in aufreizenden Dessous daherkommt, gibt dem Ganzen einen besonderen Dreh.
Was natürlich nicht fehlen darf, ist eine in Petersburger Hängung präsentierte Sammlung klassischer „Ölschinken“ darunter Landschaftsbilder, Meeresansichten sowie Stillleben. Auch hier ist die Kategorisierung nicht unbedingt einfach, wie etwa beim Motiv „Röhrender Hirsch“, den übrigens Thomas Virnich auch als Skulptur verewigt hat. Wie Seelenbalsam wirkt dagegen die Ironie der Fotoserie „Wonderful World“ von Ruediger Glatz mit Bildern aus Schrebergärten.