Geschäftsführer Björn Musiol Das sagt der Handelsverband zum Haaner Leerstand

Interview | Haan · Der Handelsverband sieht den Kampf gegen die Verödung der Innenstadt als eine große Gemeinschaftsaufgabe.

Björn Musiol, Geschäftsführer der Verbandsgeschäftsstelle Wuppertal im Handelsverband NRW.

Foto: Handelsverband NRW

Peter Clement stellte die Fragen

Herr Musiol, der Leerstand in Haan hat sich besonders in diesem Jahr dramatisch verschlimmert. In der „Marktpassage“ beispielsweise gähnt einen die Leere aus mehreren Ladenlokalen an. Vor allem Modegeschäfte scheinen betroffen zu sein. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen aus anderen Städten? Wie ernst ist der Leerstand in Ihrem Zuständigkeitsgebiet?

Björn Musiol: Der Handelsverband Deutschland hat in einer Prognose veröffentlicht, dass in diesem Jahr rund 5000 Geschäfte in Deutschland schließen werden. Aber der Hauptgrund für den Besuch einer Innenstadt ist für viele Menschen immer noch der Einkauf. Fallen Geschäfte weg, leidet das gesamte Stadtzentrum. Da Leerstände häufig wechseln, Nach- und Zwischennutzungen einziehen, ist es allerdings schwer, genaue Zahlen zu ermitteln. Diese spiegeln immer nur eine Momentaufnahme. Insgesamt gehen wir von einer durchschnittlichen Leerstandsquote von rund 10 Prozent bundesweit aus.

Sind die Gründe für solche Leerstände eher überregional zu suchen oder haben die Kommunen eine Mitschuld an dieser Entwicklung?

Musiol: Die Gründe sind vielfältig. Strukturwandel, Kaufkraftverluste, Umsätze, die ins Internet abwandern, es spielen viele Faktoren zusammen. Für eine Besserung müssen konkret und vor Ort alle Akteure aus Handel, Kommunen, Gastronomie und Kultur gezielt zusammenarbeiten.

Die Stadt Haan hat jetzt einen Gründerwettbewerb gestartet, um die Haaner Innenstadt wieder attraktiver zu machen. Was kann eine solche Maßnahme allein bewirken und womit könnte sie Ihrer Erfahrung nach am besten flankiert werden?

Musiol: Zunächst ist festzuhalten, dass es gut ist, dass die Stadt das Problem erkannt hat und handelt. Solche Maßnahmen müssen gut begleitet werden und auch nach Ablauf des Wettbewerbs müssen alle Akteure weiter zusammenarbeiten, damit der hoffentlich positive Effekt des Wettbewerbs nicht direkt verpufft. Wir vom Handelsverband unterstützen aktiv als Jurymitglied den Wettbewerb und den frisch gestarteten Gründerwettbewerb der Stadt Haan, um damit einen Impuls gegen Leerstände und auch neuen Gründungsideen Raum zu geben. Dabei spielt unter anderem die Kommunikation des Wettbewerbs eine wesentliche Rolle, damit Interessierte diese Möglichkeit auch wahrnehmen.

In Haan hat man im vergangenen Jahr den Eindruck gewonnen, die einzigen Geschäftsleute, für die sich eine Ansiedlung offenbar noch lohne, seien die Betreiber von Barber Shops. Wie lässt sich so eine Entwicklung erklären?

Musiol: Die Agglomeration eines bestimmten Geschäfts- oder Dienstleistungsbereichs ist nicht unüblich. Wir kennen das aus anderen Städten beispielsweise in Form von Straßen mit vielen Brautmodengeschäften.

Eine Gruppierung aus dem Haaner Stadtrat hat jetzt über alle Fraktionsgrenzen hinweg Vertreter aus Politik, städtischer Wirtschaftsförderung, der örtlichen Händlervereinigung aber auch gezielt Vermieter zu einem Treffen eingeladen, um den Leerstand in einer gemeinsamen Anstrengung zu bekämpfen. Eine gute Idee oder ist so etwas eher sinnlos?

Musiol: Auf jeden Fall ist das eine gute Idee. Wie gesagt, müssen alle Akteure an einem Strang ziehen, um eine Stadt lebendig zu halten. Ja, der Einzelhandel ist das stärkste Zugpferd (Quelle: Vitale Innenstädte 2022 und CIMA), das Kunden in die Innenstadt zieht, aber ohne Gastronomie, Dienstleistung, Kultur und Erlebnisangebote reicht es heutzutage alleine nicht mehr aus. Auch das Einbeziehen der Vermieter ist dabei ein sehr wichtiger Schritt.

Gibt es einen allgemein gültigen „Königsweg“ gegen die Abwärtsspirale?

Musiol: Der Weg, den Haan nun einschlägt, geht in die richtige Richtung: Das Problem ist erkannt, es werden konkrete Maßnahmen ergriffen und man setzt sich gemeinsam an einen Tisch. Von hier an gilt es nun gemeinsam weiterzuarbeiten, für einen positiven Ausgang und eine weiterhin schöne sowie lebenswerte Stadt Haan.

(peco sad)