Der Dorfsheriff von nebenan
Seit 14 Jahren ist Oberkommissar Stefan Blind als Bezirksbeamter in Gruiten im Einsatz und Ansprechpartner in allen Notlagen.
Haan. Für viele Gruitener ist er einer von ihnen — obwohl er in Haan aufgewachsen ist. Diesen Makel hat er „durch viel Klinken putzen“ beseitigt, erzählt Stefan Blind. Der 54 Jahre alte Oberkommissar ist als Bezirksbeamter der Polizei seit 14 Jahren für Gruiten zuständig. In dieser Zeit ist der Ortsteil zu „seinem“ Gruiten geworden — und für die meisten Gruitener ist er ihr „Dorfsheriff“: Man kennt sich, man grüßt sich, man schätzt sich. „Er sucht die Bürgernähe und kümmert sich auch um nebensächliche Dinge, die trotzdem belastend sein können“, beschreibt Kioskbesitzer Fritz Kutscher den Polizisten, den er auch in dessen zivilen Leben so gut kennt, dass er ihn duzt.
Mal eben schnell mit dem verheirateten Vater zweier erwachsener Kinder durch den Ort zu gehen, ist allerdings schlicht unmöglich. Ein „Hallo, Herr Blind“ hier, ein „Herr Blind, könnten Sie wohl…“ dort, und dann natürlich das vertraute „Stefan, hast Du gehört, dass…“ ist an jeder dritten Ecke zu hören.
Das ist es, was für den in Solingen wohnenden Stefan Blind den Reiz seines Berufs ausmacht. „Ja, es ist ein Traumjob hier“, sagt er. Denn: „Wenn man einmal drin ist, gehört man dazu.“ Und wer dazugehört, der käme niemals auf die Idee, während der gesellschaftlichen Höhepunkte im Ort — Martinszug, Dorffest sowie Kindertrödel und Tag der offenen Tür bei der Feuerwehr — auch nur an Urlaub zu denken. Die Anwesenheit bei diesen Ereignissen ist Pflicht für Stefan Blind — beruflich und privat. „Da treffe ich schließlich halb Gruiten“, sagt der Polizist.
Gute Kontakte sind ihm wichtig. Die erleichtern ihm die Arbeit. Selbst bei den für die Gegenseite unangenehmen Pflichten eines Bezirksbeamten. Etwa bei Haftvollstreckungen oder Fahrerermittlungen nach Unfallfluchten. Gesetz ist dann Gesetz, da gibt es keine Freundschaften mehr. Wohl aber einen respektvollen Umgang miteinander. Der Hinweis einer vertrauten Person, dass da jemand Mist gebaut habe und dafür jetzt die Konsequenzen tragen müsse, hilft oftmals dabei, dass eine Situation nicht eskaliert und in Auseinandersetzungen mündet. In Uniform ist Stefan Blind Polizist. Das wissen und respektieren die Gruitener.
Respekt muss man sich erarbeiten. Und diese Arbeit kann nicht früh genug beginnen. Darum gehören das Verkehrs- und Fahrradtraining in Kindergärten und Schulen für Stefan Blind zu seinen wichtigsten und liebsten Aufgaben.
Nur eine Sache geht ihm dabei gelegentlich gegen den Strich. „Wenn ich mitbekomme, dass eine Mutter ihrem Kind damit droht, dass es, wenn es weiterhin so frech sei, von der Polizei abgeholt wird und eingesperrt werde, dann gehe ich dazwischen“, sagt Stefan Blind.
Ein Polizist dürfe nicht zum Feindbild werden. Die Rolle als Freund und Helfer ist ihm lieber. Dann hilft er den Gruitenern auch schon mal per Handy aus dem Urlaub in Thailand. Viele Bürger haben seine Handy-Nummer. „Ich will wissen, was hier passiert“, sagt er. In diesem Punkt kennt er keinen Dienstschluss. Das weiß auch Erkin Sevgid. Er leitet den Wachdienst in der Asylbewerberunterkunft an der Düsselberger Straße. „Stefan ist eine Ausnahme, nicht jeder ist wie er“, sagt er über den Polizisten, der nahezu täglich in der Unterkunft vorbeischaut. „Wir haben ihn gern im Haus“, fährt Sevgid fort. Mit ihm würden sich die meisten Problemchen im Gespräch leicht klären lassen, bevor sie zu ernsthaften Problemen werden.