Ehrenamt: Besuch im Seniorenheim von der Ersatz-Familie
Seit 30 Jahren kümmern sich Ehrenamtler um die Bewohner des Friedensheims.
Haan. „Kiek’n Se ma, dat is der Koch.“ Ulrich Heise klappt sein Handy auf und zeigt ein Foto eines alten Mannes im Rollstuhl. „Der Koch“, wie der gebürtige Berliner ihn liebevoll nennt, heißt Carl Koch, ist 92 Jahre alt und lebt im Friedensheim an der Deller Straße. Seit drei Jahren kümmert sich Heise (61) ehrenamtlich im Besuchskreis um den Senior. „Glauben Se ma nich, der Koch will töpfern oder Mensch-ärgere-dich-nicht spielen. Nee, der Koch will am Liebsten nur zusammen Abendbrot essen, ’n Bier trinken und Fußball gucken“, sagt Heise.
Er und weitere 20 Ehrenamtler kümmern sich um Bewohner des Seniorenheims, die selten Besuch von Verwandten bekommen. Für sie ist der Besuchskreis eine Ersatz-Familie, „eine wichtige Form der Seelenpflege“, sagt Pfarrerin Gabriele Gummel, die den Kreis leitet. „Vor 30 Jahren wurde er gegründet. Seitdem hat sich vor allem eins geändert: Wir haben viel mehr demente Bewohner“, sagt sie.
Singkreise, Kinoabende und Spielenachmittage organisiert der Besuchskreis. Manchmal wird die Betreuung aber zu einer Herausforderung. „Ich habe einen Mann betreut, der kam aus Sachsen und war hier, weil sein Sohn nach Wuppertal gezogen ist. Ich konnte seinen Akzent kaum verstehen, und er interessierte sich für nichts. Da habe ich mir die Lokalzeitung seiner Heimatstadt besorgt und ihm vorgelesen“, sagt Leo Pöpsel, der seit zwölf Jahren im Besuchskreis ist.
Wenn ein Bewohner nicht mehr in der Lage ist, sich in eine Beziehung einzubringen, wird es schwierig. Die 52-jährige Haanerin Ulrike Alcock besucht beispielsweise wöchentlich eine schwerst demente 81-Jährige. „Eigentlich führe ich jedes Mal einen Monolog. Das ist teils anstrengend, weil mir manchmal auch nichts mehr einfällt. Und doch spüre ich, wie gut ihr meine Besuche tun, und wie sehr sie sich freut, vor allem wenn ich von meinen Kindern erzähle.“
Die Besuche und die daraus entstehenden Beziehungen — davon zehren nicht nur die Heimbewohner. Auch Ulrich Heise fühlt sich durch „seinen Koch“ bereichert: „Ich kann sagen, wir sind Freunde. Seine große Freude über meine Besuche macht mich glücklich. Nur wenn meine Frau mitkommt, bin ich abgeschrieben. Die findet der Koch einfach super.“