Ein Bekenntnis zur Partnerschaft
Die Freundschaft zwischen Haan und Eu feiert 2017 Jubiläum: Seit 50 Jahren tauschen sich die Kommunen aus. Nachdem es zuletzt stockte, stellt sich die Frage: Wie steht es um die Städtepartnerschaft?
Haan. Im kommenden Jahr feiert die Städtepartnerschaft zwischen Haan und dem französischen Eu ihren 50. Geburtstag. Ein guter Grund zum Feiern. Doch zuletzt sah es so aus, als hätte der Jugendaustausch, Kernstück der Städtepartnerschaft, kaum noch Chancen auf Fortbestand. Denn 2015 ließ sich in Frankreich keine Gastfamilie finden. Der Jugendaustausch wurde zunächst auf Eis gelegt. Der Anfang vom Ende?
Zwischenzeitlich konnte der Haaner Jugendreferent Peter Burek, der den Austausch auf Seiten der Stadt organisiert, wieder mit guten Nachrichten aufwarten: Für dieses Jahr fanden sich neun französische Gastfamilien, die Haaner Jugendliche bei sich aufnehmen wollten. Die Teilnehmer sind am 17. Juli voller neuer Eindrücke in die Gartenstadt zurückgekehrt. Und für 2017, wenn ein Gegenbesuch der Franzosen in Deutschland ansteht, haben sich jetzt schon Haaner Familien gemeldet, die jugendliche Teilnehmer aus Eu bei sich aufnehmen wollen.
50 Jahre Städtepartnerschaft mit Eu — das soll gefeiert werden, betonen alle Beteiligten. Erste Gespräche dazu werden beim Weinfest in Haan vom 26. bis 28. August geführt, denn es haben sich auch Gäste aus Frankreich angekündigt. Und ein weiterer deutsch-französischer Kontakt steht ebenfalls schon auf dem Programm: Die Evangelische Kantorei — die 2017 übrigens ihr 120-jähriges Bestehen feiert — fährt vom 1. bis 3. Oktober nach Eu. Das zeigt: Einen Austausch gibt es immer wieder und immer noch — häufig auch ausgehend von Haaner Gruppen und Vereinen, ohne dass die Verwaltung der Stadt Haan daran mitwirken muss.
Zitat aus der Ansprache von Francois Gouet, damaliger Bürgermeister von Eu, anlässlich des 40. Jahrestags der Partnerschaft zwischen Haan und Eu
Mit welchen Aussichten also geht die deutsch-französische Städtepartnerschaft ins Jubiläumsjahr? Ist das Bündnis, ins Leben gerufen von einer Generation, die noch den Krieg aus eigenem Erleben kannte, zwischenzeitlich überholt? Schließlich wird der europäische Gedanke auf weit höherer Ebene längst gelebt. 1967 trat der EG-Fusionsvertrag in Kraft, der die bis dahin drei wirtschaftlich orientierten Europäischen Gemeinschaften einte. 1992 wurde die Europäische Union gegründet.
Fritz Köhler, ehemals Kulturamtsleiter der Stadt Haan, überlegt. „Der Austausch hat sich verändert. Für die Jugendlichen ist Frankreich heute ganz normal. Austauschprogramme gehen jetzt in Richtung Neuseeland“, hat er beobachtet. Köhler ist Mann der ersten Stunde. Er hat die Gründung der deutsch-französischen Partnerschaft als junger städtischer Beamter in Haan einst miterlebt und später in entscheidender Funktion (erst als Stadtjugendpfleger, dann als Kulturamtsleiter) über Jahrzehnte hinweg organisiert. Auch heute noch hängt sein Herz daran, und der Jugendaustausch ist für ihn immer noch Herzstück der Städtepartnerschaft. Denn Kultur und Lebensart eines fremden Landes können junge Menschen „am ehesten in einer Familie kennenlernen“, statt in einem All-Inclusive-Hotel.
Und „gerade jetzt sieht man, dass Europa zusammenhalten muss“, sagt Köhler angesichts des Brexit und des nationalstaatlichen Gedankenguts, das sich in vielen Ländern wieder auszubreiten droht. „Wir waren unheimlich glücklich, dass der Jugendaustausch doch noch stattgefunden hat“, sagt er und gibt zu bedenken, dass in einer Stadt mit knapp 9000 Einwohnern wie Eu „die Aufnahmekapazitäten eben auch nicht so groß sind“.
Außerdem erinnert er daran, dass der Jugendaustausch dank des Engagements von Herbert Raddatz bereits zwei Jahre vor der Städtepartnerschaft existierte. Der sieht die aktuelle Lage pragmatisch: „Zwei Generationen liegen zwischen dem Gründungsdatum und heute. Heutzutage sieht man die Dinge anders. Es muss auf beiden Seiten jemand dahinter stehen.“ Eine neue Generation muss übernehmen und den europäischen Gedanken mit neuem Leben füllen.
Fritz Köhler hält den Jugendaustausch, der insbesondere auch vom Gymnasium — es ist Europaschule und Teilnehmer an Erasmus-Programmen — intensiv gepflegt wird, nach wie vor für „eine ganz tolle Angelegenheit“. Wichtig aber sei es, nicht nur Gymnasiasten daran teilhaben zu lassen, sondern möglichst viele Jugendliche aller Schulformen, betont Köhler, denn: „Krieg ist teurer als Freundschaft.“