Flüchtlingskinder bei Otter Nemo
Beim Besuch im Fabry-Museum gab’s Streicheleinheiten für das Tier.
Hilden. An streichelnden Händen mangelt es nicht: Nemo (10) räkelt sich, genießt, schließt die Augen und protestiert mit Zeter-Lauten, sobald die gefühlte Aufmerksamkeit nachzulassen scheint. Dann fasst sich Alan ein Herz. Der Neunjährige macht die Schultern ganz breit. Nemo spaziert keck an seinem Hals vorbei und kuschelt sich in die Armbeuge des Jungen. „Das Fell ist ganz weich und warm ist es auch“, staunt Alan mit großen Augen und grinst. Nun ist er Otter-Bändiger.
Saida, Slo, Abd Al Salam, Tengo, Demo und Alan — sechs Flüchtlingskinder, besuchten gemeinsam mit ihren Eltern das Fabry-Museum. Dabei ging es eigentlich nur um kleine Kurzkrallenotter — mittelbar aber auch ein bisschen um große Politik. „Ich war mal Direktor in einem Zoo“, erklärt Dr. Wolfgang Gettmann, der Nemo groß gezogenen und mit nach Hause genommen hat. „Was ist denn mit seiner Mutter?“, will eines der Kinder wissen. „Die wollte Nemo nicht, vermutlich weil sie so viele Babys bekommen hat.“ In mehr als 20 Sprachen kennt Gettmann die Wörter für Otter, jetzt lernt er den Syrischen Begriff — einen echten Zungenbrecher. Nemo bettelt derweil um Fisch und Hühnerherzen. „Es ist unsere einzige Chance, um Skeptiker zu überzeugen“, sagt Ursula Greve-Tegeler, die Vorsitzende des Bürgervereins Meide und seit 17 Jahren CDU-Kreistagsmitglied. Sie pflegt die Willkommenskultur. Mit den Flüchtlingskindern war sie schon im Vogelpark Ohligs, in der Steinzeit-Werkstatt des Neanderthalmuseums, im Trampolino oder eben gestern im Fabry-Museum.
„Es ist so toll, in diese strahlenden Kinderaugen zu sehen und zu merken, wie rasch sie Deutsch lernen“, sagt die 70-Jährige. Sie kennt aber die Schattenseite des Herzlichen Willkommens! — Skepsis, Furcht, manchmal sogar regelrecht Hass auf alle Fremden. Ursula Greve-Tegeler will nicht, dass diese dunkle Seite obsiegt.
Sie sagt: „Wir müssen zuhören und miteinander reden. Das biete ich allen Kritikern an.“ Dass aber zum Beispiel das Neanderthalmuseum böse Kommentare bekommt, nur weil es Flüchtlingskindern kostenlosen Einlass gewährte — „das geht gar nicht.“ Unterdessen haben die Kinder Malunterlagen und Stifte bekommen. Auf Kissen sitzen sie in einem Kreis um Kunsthistorikerin Dr. Sandra Abend. Die kleine Saida malt sofort einen Otter, der Junge links neben ihr einen „Fisch mit einem schlauen Gesicht“. Ihre Eltern sitzen entspannt um die Kinder herum. Für einen Moment ist er da - der Frieden. Den soll es auch in der Meide wieder geben. Deshalb will Ursula Greve-Tegeler mit allen im Gespräch bleiben — besonders mit den Kritikern. Sorgen und Bedenken der Anwohner gegenüber der geplanten Unterkunft sollen besprochen werden, sagt die CDU-Politikerin. Dazu wolle und werde auch der Bürgerverein beitragen. Doch für Hass und Hetze gebe es keinen Platz. „Ich arbeite seit zwei Jahren mit den Flüchtlingen in Hilden — und weiß daher, wer zu uns gekommen ist.“