Ursprüngliche Forderung von 3192 Euro im Monat Gas: Hildener Familie bleibt nur der Versorger-Wechsel

Hilden · Ab 1. November sollte Familie Hensmann bei Shell Energy 3192 Euro Abschlag im Monat zahlen. Jetzt sind sie beim örtlichen Versorger.

Dirk Hensmann war entsetzt über die Forderung von Shell Energy.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(dts) Das Schicksal der Familie Hensmann aus Hilden hat bundesweit Aufmerksamkeit erlangt. Im September flatterte ihnen ein Brief des Unternehmens Shell Energy in den Briefkasten, dessen Inhalt schockierte: Statt bisher 92 Euro Abschlag, sollte diese monatliche Vorauszahlung ab 1. November auf 3192 Euro steigen. Ein Anstieg auf knapp das 35-Fache bei gleichbleibendem Gasverbrauch von rund 22 000 Kilowattstunden langjährigen Durchschnitt.

Familienvater Dirk Hensmann war verzweifelt – das wäre finanziell keinesfalls zu stemmen. Er versuchte, Kontakt mit Shell-Energy aufzunehmen, seit 2020 Erdgas-Lieferant für die vierköpfige Familie am Bruchhauser Weg in Hilden. Doch alle Versuche blieben in Warteschleifen hängen. „Ich hoffe, es ist ein Berechnungsfehler“, sagte Dirk Hensmann im Gespräch.

Unternehmenssprecher Florian Möbius, verwies auf die enormen „Beschaffungskosten gerade für Gas, die in den letzten 12 Monaten zeitweise um das Zehnfache gestiegen“ seien. „Diese Preissteigerungen können wir als Unternehmen nicht abfedern und sind daher gezwungen, diese an unsere Kunden weiterzugeben“. Im Fall Hensmann „scheint auf jeden Fall ein Fehler vorzuliegen“. Er schätzte in einer ersten Reaktion, dass ein monatlicher Abschlag von 800 bis 900 Euro betragen müsse. Die Prüfung des Vorganges durch den Kundenservice von Shell Energy ergab jedoch aus Verbrauchersicht Erstaunliches: Auf 2500 Euro im Monat würde das Unternehmen die Abschlagsforderung senken, ohne das zu erläutern.

Die Nachrechnung mit der Formel der Verbraucherzentrale: Zwölf Abschläge summieren sich auf 30 000 Euro im Jahr. Davon 301,32 Euro Grundpreis abgezogen, verbleiben 29 698,68 Euro für den Arbeitspreis. Diese Summe reicht für 68 100 Kilowattstunden, was weit mehr als dreimal den durchschnittlichen Jahresverbrauch der Hensmanns abdecken würde.

In einem Schreiben an Familie Hensmann verweist Florian Möbius auf einen wohl höheren Gasverbrauch, der sich bei den Hensmanns für 2022 andeute. Den zu erwartenden Jahresverbrauch bezifferte Möbius mit 45 000 Kilowattstunden. Und kommt am Ende zum monatlichen Abschlag von 2500 Euro. „Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie mit dieser Abschlagsänderung einverstanden sind, ansonsten wird der im ursprünglichen Schreiben angesetzte Abschlag verwendet“, heißt es am Ende. Dirk Hensmann war nicht einverstanden und kündigte den Vertrag. Er fragte bei den Stadtwerken Hilden an, von denen er seit vielen Jahren Wasser und auch Strom bezieht. Der örtliche Versorger prüfte den Fall und nahm die Familie gleich in die Vollversorgung auf. Dort zahlen die Hensmanns ab 1. November einen Arbeitspreis von 14,3 Cent je Kilowattstunde; bei Shell Energy sollten es 43,61 Cent sein (wobei dieser Ansatz noch die Gasumlage und einen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent enthielt). Der jährliche Grundpreis beträgt in Hilden unverändert 103,40 Euro; Shell Energy verlangte 301,32 Euro.

Nach den Zeitungsberichten über die Abschlagsforderung über 3192 Euro im Monat meldeten sich Fernsehteams bei der Familie. Dirk Hensmann erhielt eine Nachricht von einem früheren Arbeitskollegen, der heute in Tschechien tätig ist. „Es ist schwer, überhaupt einen Ersatzversorger zu finden“, so Hensmann, der es den Stadtwerken Hilden „sehr, sehr hoch“ anrechnet, die Familie gleich in die Grundversorgung aufgenommen zu haben. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale sollte das der normale Weg sein. Energie-Experte Udo Siewerding ist gegen den „Straftarif Ersatzversorgung“. Denn die Kunden hätten sich zuvor im normalen Wettbewerb bewegt und sich damals halt für einen günstigeren Anbieter entschieden. Die Familie zahlt jetzt bei den Stadtwerken 348 Euro im Monat.