Ausstellung im Wilhelm-Fabry-Museum Mit dem Lazarettzug 10.000 Kilometer zur Front
Hilden · Eindrücke aus dem Krieg vermittelt eine neue Ausstellung im Wilhelm-Fabry-Museum. Ab 10. März geht es unter dem Titel „20.000 Kilometer unter dem Roten Kreuz“ auf eine Zeitreise ins frühe 20. Jahrhundert.
Es war ein unvorstellbarer Einsatz für die Menschlichkeit, den das Ehepaar Elisabeth und Walter von Oettingen Anfang des 20. Jahrhunderts leistete. Er war Chirurg, sie war OP-Schwester. Gemeinsam zogen sie mit einem Lazarettzug in insgesamt vier Kriege, um die verletzten Menschen an der Front zu versorgen. Wie sich solch ein aufwendiger Einsatz gestaltete, zeigt nun die umfangreiche Ausstellung im Wilhelm-Fabry-Museum, die unter dem Titel „20.000 Kilometer unter dem Roten Kreuz“ in zahlreichen Fotografien, ergänzt durch Dokumente und weitere anschauliche Exponate, den Einsatz des Ehepaars im heute fast vergessenen Russisch-Japanischen Krieg 1904/05 dokumentiert.
„Es war exotisch, mit der gerade erst eröffneten Transsibirischen Eisenbahn in die Mandschurei zu fahren“, sagt Michael Ebert, Kokurator der Ausstellung. „Vor allem für eine Frau.“ Die Fotografien wurden größtenteils von Walter von Oettingen, aber auch von seiner Frau Elisabeth gemacht. Dafür hatte er sich extra eine Goerz-Anschütz-Kamera – die erste Pressekamera überhaupt – angeschafft. Sie funktionierte mit Glasplatten und obwohl sie bereits kompakt war, „war es doch eine Herausforderung“, weiß Michael Ebert, „denn man hatte nur einen Schuss. Danach musste die Glasplatte gewechselt werden.“
Herausgekommen sind Schwarz-Weiß-Fotografien in einer herausragenden Qualität, was Besucher der Ausstellung immer wieder zum Staunen bringen wird. Kleinste Details sind in aller Deutlichkeit zu erkennen, ob es sich um die Gesichter der abgebildeten Menschen handelt oder um Gegenstände, wie etwa die Einrichtung einer gutbürgerlichen Wohnung. Zahlreiche Abzüge und Vergrößerungen der Originale dokumentieren eine Reise, die gefährlich und kräftezehrend war. „Sie haben teilweise nur vier Stunden am Tag geschlafen in der schlimmsten Zeit“, weiß Museumsleiterin Sandra Abend.
Nicht allen konnte geholfen werden. Die Hilfstruppe des Roten Kreuzes wurde mit gefallenen Soldaten, mit Not und Zerstörung konfrontiert. „Der Tod gehört zum Krieg“, so Sandra Abend. Der wurde bei der Ausstellung auch nicht ausgeklammert, allerdings liegt der Fokus ganz klar auf den Rettungseinsätzen. Doch die Bilder zeigen nicht nur verwundete Soldaten, sondern auch gesellige Szenen, Familienaufnahmen, sie zeigen Landschaften und Leute, wie sie das Ehepaar auf ihrer Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn erlebt hat.
Während sich Walter von Oettingen mit der Wundversorgung befasste und ein Buch über Kriegsverletzungen schrieb, verfasste Elisabeth eine Art Reisebericht und zeichnete so mit farbenfroher Sprache und einer Prise Humor die abenteuerlichen Erlebnisse nach. Das Buch wurde bereits 1905 unter dem Titel „Unter dem Roten Kreuz im Russisch-Japanischen Kriege“ veröffentlicht. Insgesamt 38 Wagen umfasste der Lazarettzug. „Es war fast eine eigene kleine Stadt“, meint Michael Ebert. Ein Krankenhaus auf Schienen also. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, machten sie sich erneut mit ihrem Lazarettzug auf den Weg. Von den Einsätzen zurück, hielt das Ehepaar Lichtbildvorträge mit kolorierten Lichtbildern, um Spenden für das Rote Kreuz zu sammeln.
„Dass die Ausstellung überhaupt möglich ist, ist Dr. Hans Schadewaldt von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf zu verdanken“, erzählt Sandra Abend. Schadewaldt war von 1965 bis 1991 Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin der Universität. Er erwarb 645 der Glasplattennegative, die Elisabeth und Walter von Oettingen im Russisch-Japanischen-Krieg und im Ersten Weltkrieg anfertigten. Noch heute befindet sich die Sammlung aus dem Nachlass des engagierten Ehepaars im Archiv der Universität.
Die Ausstellung „20.000 Kilometer unter dem Roten Kreuz“ wird am Sonntag, 10. März, um 11 Uhr im Wilhelm-Fabry-Museum eröffnet. Dabei wird der stellvertretende Bürgermeister Norbert Schreier ein Grußwort sprechen und der Mediziner und Historiker Professor Heiner Fangerau eine Einführung halten.