Hildener vor Gericht Prozess wegen häuslicher Gewalt geht in die zweite Runde

Hilden/Düsseldorf · Vor Gericht steht ein Mann aus Hilden, der wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden war. Er war in einem ersten Verfahren zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Dagegen legte der 49-Jährige Berufung ein.

Weltweit jede vierte Frau soll schon Gewalt in der Partnerschaft erfahren haben, sagen Statistiker.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Ende 2017 haben sie sich kennengelernt, ein halbes Jahr später sind sie fest liiert: Es klingt nicht so, als habe sie sich Hals über Kopf hineingestürzt in diese Beziehung. Und dennoch fand sich eine Frau aus Hilden ziemlich bald in einem Martyrium wieder, die Anklageschrift listet unzählige Fälle häuslicher Gewalt auf.

Amtsgericht verhängt
acht Monate Haft auf Bewährung

Ohrfeigen, Schläge gegen den Körper: Von 50 bis 60 gewalttätigen Übergriffen ist die Rede. Als die Frau sich vom Angeklagten trennen will, eskaliert die Lage: Der 49-Jährige packt sie am Hals und drückt sie gegen einen Kleiderschrank. Die Frau zeigt ihn auf der Polizeiwache in Hilden an. Zwei Tage später steht sie wieder dort: Mit einem Anwalt, den ihr Partner ihr besorgt hat. Sie sagt, sie seien verlobt – und sie beruft sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Die Polizeibeamten brechen die Vernehmung daraufhin ab. Einen Tag später verlässt die Frau unter einem Vorwand die Wohnung, sie geht erneut zur Polizei. Sie macht ihre Aussage, und bekommt Opferschutz.

Das Amtsgericht verurteilt den Angeklagten wegen Körperverletzung in neun Fällen zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Nun wird am Landgericht die Berufung verhandelt, am 31. Januar will die Kammer das Urteil verkünden.

Zu den Hintergründen der angeklagten Taten weiß man mittlerweile so viel: Seit Mai 2018 waren der Angeklagte und das Opfer liiert, kurz darauf wurde die Frau schwanger. Mit den jeweiligen Kindern zogen beide in eine gemeinsame Wohnung. Mit zunehmender Dauer der Beziehung soll diese von Gewalt und der Kontrollsucht des Angeklagten geprägt gewesen sein.

Wenige Tage nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Mai 2019 hatte der 49-Jährige seine Partnerin im Krankenhaus ins Gesicht geschlagen. Monate später schlug er der Frau auf das linke Ohr. Das Opfer erlitt eine Trommelfellperforation und eine Hörminderung. Im Wohnzimmer war es Wochen später erneut zu einem Streit gekommen, bei dem der Angeklagte seiner Lebensgefährtin mindestens zehnmal mit beiden Händen ins Gesicht geschlagen hatte. Ärzte diagnostizieren daraufhin Brillenhämatome und eine schiefe Nasenscheidewand.

Eskalation selbst
im Kinderzimmer

Als die Frau ihrem Sohn erlaubt, ein Hörspiel auf dem Tablet zu hören, will ihr Partner das verbieten. Der 49-Jährige stellt sich in den Türrahmen des Kinderzimmers, packt die Frau am Hals und stößt sie mit dem Kinn auf eine Bettkante. Die Folge: eine Platzwunde und Prellungen. Ein weiterer Angriff mit der Hand gegen die Brust führt zu Atemnot und Beklemmungsgefühlen, der Handabdruck des Angeklagten soll noch tagelang zu sehen gewesen sein.

Nach der Anzeige wird die Überwachung noch stärker

Die Anklageschrift listet weitere Übergriffe auf, immer wieder kommt es zu Schlägen und Verletzungen im Gesicht. Als es im August 2020 zu einem Streit wegen der Tischmanieren ihrer jeweiligen Kinder kommt und ihr Partner erneut zuschlägt, bittet die Frau eine Freundin um Hilfe. Sie ruft die Polizei, und zeigt ihren Partner an.

Einen Tag später ist es der Angeklagte, der in einem Brief fordert, die Strafanzeige fallenzulassen. Auch die Fotos dürften nicht als Beweismittel verwendet werden. Der Hildener drängt seine Lebensgefährtin dazu, den Brief zu unterschreiben – und überwacht sie noch stärker als je zuvor. Als die Frau kurz darauf verkündet, sich endgültig von ihm trennen zu wollen, rastet der 49-Jährige aus: Er schleudert den gepackten Koffer durch die Wohnung, packt seine Partnerin am Hals und drückt sie gegen den Kleiderschrank. Sie bekommt keine Luft mehr, rudert mit den Armen, er hält sie fest. Anzeige, Rücknahme der Anzeige und dann erneute Aussage und Opferschutz: Nach mehr als zwei Jahren hatte das Martyrium ein Ende.