Haushaltsloch Hildener müssen mehr bezahlen – und auf vieles verzichten
Hilden · Die Hildener müssen den Gürtel enger schnallen: Das immer größer werdende Loch im Haushalt hat konkrete Auswirkungen auf das Leben in der Itterstadt.
Das Waldbad, das Spielmobil, die Ausstellungen im Bürgerhaus, den Straßenkarneval – was kann sich die Stadt in Zukunft noch leisten? Aktuell stehen verwaltungsintern alle Ausgaben auf dem Prüfstand. Und zumindest für den Straßenkarneval steht fest: Wenn die Politik den Vorschlägen aus dem Rathaus folgt, wird der Zuschuss 2025 erst halbiert, ab 2026 gibt es dann überhaupt kein Geld mehr von der Stadt. „Die Haushaltssituation hat sich massiv verschärft“, erklärt Bürgermeister Claus Pommer. „Wenn wir jetzt nicht konsequent gegensteuern, rutschen wir in die Haushaltssicherung.“ Dann könnte im schlimmsten Fall die Handlungsunfähigkeit drohen.
Hintergrund: Die Stadt erstellt jedes Jahr einen Überblick über die geplanten Ausgaben und Einnahmen – nicht nur für das darauffolgende Jahr, sondern für drei Jahre in Folge. Für 2025 hat die Verwaltung ein Defizit von 18,8 Millionen Euro, für 2026 und 2027 von jeweils 19,5 Millionen Euro berechnet. „Wir erwarten jedoch erhebliche Gewerbesteuereinbußen“, erklärt Claus Pommer. Für 2025 rechnet die Stadt mit knapp 10 Millionen Euro weniger Einnahmen. Große Unternehmen hätten in den Standort Hilden investiert und könnten diese Kosten jetzt geltend machen. „Weil die Steuerkraft gesunken ist, erhalten wir allerdings Schlüsselzuweisungen des Landes und zahlen voraussichtlich weniger Kreisumlage“, erklärt Hildens Bürgermeister. Insgesamt drücke das das Defizit um rund 5,5 Millionen Euro.
Damit aber nicht genug. Durch sogenannte Mehranmeldungen innerhalb der Verwaltung, also höhere Ausgaben, als ursprünglich geplant, kommen noch einmal 2 Millionen Euro Ausgaben hinzu – „dabei handelt es sich vor allem um Kitafallsteigerungen und erhöhte Ausgaben im Bereich ,Hilfe zur Erziehung’“, sagt Claus Pommer. Das Defizit erhöht sich außerdem durch die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst und Anpassungen der Beamtenversorgung. Auch diese Summe beläuft sich einschließlich der Versorgungsaufwendungen auf rund 2 Millionen Euro, und das, obwohl im Jahr 2025 Stellen in der Verwaltung eingespart werden, erklärt der Bürgermeister.
All das führt laut Claus Pommer zu einem Defizit von 27 Millionen Euro im Jahr 2025. „Wenn wir jetzt nicht handeln, rutschen wir mit der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2026 in die Haushaltssicherung.“ Denn für 2028 und 2029 müsste die Stadt mehr als fünf Prozent aus der sogenannten allgemeinen Rücklage ziehen. „Dann müssten wir ein Haushaltssicherungskonzept erstellen mit dem Ziel, nach spätestens zehn Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren.“ Sollte das nicht klappen, wäre die Stadt handlungsunfähig ohne genehmigten bzw. genehmigungsfähigen Haushalt.
Das möchte die Verwaltung unbedingt verhindern und schlägt der Politik, die am Ende über den Haushalt entscheiden muss, ein millionenschweres Maßnahmenpaket vor. „Die konkreten Vorschläge werden Teil des Haushaltsentwurfs sein, den wir der Politik am 25. September vorlegen werden“, sagt Claus Pommer. Zwei Vorschläge nennt er aber schon jetzt: „Die Karnevalisten und die Schützen sollen 2025 nur noch die Hälfte des Zuschusses erhalten, ab 2026 gibt es kein Geld mehr von uns.“ In diesem Jahr hatten die Schützen und die Karnevalisten noch jeweils 10.800 Euro erhalten. Ein weiterer Vorschlag: die Buslinie 783 in Richtung Solingen an der Gabelung enden zu lassen, um so 80.000 Euro pro Jahr zu sparen. Außerdem müsse die Stadt auch Schwerpunkte im Kulturbereich setzen. Aber natürlich müssen Verwaltung und Politik auch über weitere Sparmaßnahmen nachdenken. Was ist mit dem Spielmobil? Was mit der Theaterreihe in der Stadthalle oder den Ausstellungen im Bürgerhaus? Was ist mit den Ausgaben der städtischen Töchter wie den Stadtwerken? Wie kann das Stadtmarketing bei Veranstaltungen sparen?
Jedes Verwaltungsressort war in den vergangenen Wochen und Monaten aufgerufen, Sparvorschläge zu machen. „Die Einschnitte wird jede Hildenerin und jeder Hildener spüren“, sagt Claus Pommer. Ihm sei jedoch eine Sache wichtig: „Im Bereich Bildung möchten wir möglichst keine weiteren Belastungen vorschlagen.“ Klingt so, als ob die Betreuungsgebühren nicht weiter steigen sollen.
Andere Einnahmemöglichkeiten der Stadt jedoch sind nicht von Anpassungen ausgenommen: „Wir müssen mit Augenmaß vorgehen“, sagt Claus Pommer, „aber wir müssen uns auch über die Grundsteuer und die Gewerbesteuer unterhalten.“ Und auch die Stadttöchter sind gefragt, ihre Einnahmen zu steigern. Dann dürfte es unter anderem schnell um die Anpassung der Sportstättengebühren gehen – die Vereine werden die Steigerungen dann wahrscheinlich auf die Mitglieder umlegen. Und natürlich muss in diesem Zug auch über Hildens Schwimmbäder gesprochen werden, die den Stadtwerken jedes Jahr rund eine Millionen Euro Defizit bescheren. Doch wer kann sich ein Hilden ohne Waldbad beziehungsweise Hildorado vorstellen? Die Stadt und die Politik stehen vor schweren Aufgaben – und die Bürgerinnen und Bürger vor dem Abschied einiger liebgewonnenen Annehmlichkeiten. Im Herbst wird der Haushalt eingebracht.